Glückliche Kühe, freilaufende Hühner, wogende Weizenfelder – die Erwartungen an Bio-Produkte sind hoch. Wer Bio kauft, will artgerechte Tierhaltung und umweltverträgliche Erzeugung. Bio-Siegel sollen die nötige Orientierung geben. Doch wofür stehen die verschiedenen Siegel?
Das Wichtigste gleich zu Beginn: Die Begriffe „bio“, „biologisch“, „öko“ und „ökologisch“ sind durch die EG-Öko-Verordnung EU-weit geschützt und dürfen nicht willkürlich genutzt werden. Produkte, die mit einem dieser Begriffe beworben werden, müssen die Anforderungen der Verordnung erfüllen. Das heißt im Groben: chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel sind nicht erlaubt, eine tiergerechte Haltung mit Auslaufmöglichkeiten und Tageslicht ist verpflichtend, Gentechnik ist verboten und Zusatzstoffe dürfen nur in geringen Mengen verwendet werden. Außerdem müssen Produktzutaten zu 95 Prozent aus Öko-Betrieben stammen.

EU-Bio-Logo. Quelle: Europäische Kommission
Das oftmals bekanntere Deutsche Bio-Siegel ist dem EU-Bio-Siegel inhaltlich gleichgestellt und darf parallel oder auch allein verwendet werden. Beide Siegel stehen für die Mindestanforderungen an ökologische Landwirtschaft und artgerechte Tierhaltung.

Deutsches Bio-Siegel. Quelle: BMEL
Darüber hinaus gibt es weitere Bio-Siegel von verschiedenen Anbauverbänden, die in der Regel höhere Standards als die EG-Öko-Verordnung ansetzen. Zu den größten und bekanntesten Anbauverbänden in Deutschland zählen Bioland, Naturland, Demeter, Biopark, Gäa, Biokreis und Ecovin. Nachfolgend stellen wir wichtigsten Anbauverbände und ihre Siegel hier vor:
Die Bio-Siegel der größten Anbauverbände im Überblick
Bioland
Bioland ist einer der bedeutendsten und bekanntesten Verbände für ökologischen Landbau in Deutschland und Südtirol. Er wurde 1971 gegründet und zählt mehr als 8.100 Mitglieder. Hinzu kommen mehr als 1.200 Partnerbetriebe aus Herstellung, Handel und Gastronomie. Mitglieder und Partner arbeiten nach festgelegten Richtlinien. Diese sehen unter anderem eine Kreislaufwirtschaft vor, bei der sich die Anzahl der Tiere auf einem Biohof nach der Größe der hofeigenen Felder und Weiden richtet. So können die Tiere mit hofeigenem Futter ernährt werden und der Boden wird nicht überdüngt.
Naturland
Naturland zählt international rund 70.000 Mitglieder, in Deutschland haben sich rund 4000 Erzeuger dem 1982 gegründeten Verband angeschlossen. Die Anforderungen für die Verwendung des Siegels liegen deutlich höher als beim EU-Bio-Siegel: So darf ein zertifizierter Naturland-Betrieb beispielsweise nicht parallel ökologisch und konventionell produzieren (etwa ökologische Tierhaltung, konventioneller Getreideanbau).
Demeter
Demeter wurde bereits 1924 gegründet. Dem Verband gehören deutschlandweit rund 1.700 Landwirte an, dazu Hersteller, Hofverarbeiter und Vertragspartner aus dem Naturkost- und Reformwaren-Großhandel. Die Landwirte wirtschaften biologisch-dynamisch und setzen auf eine Kreislaufwirtschaft, ähnlich wie Bioland-Mitglieder. Zudem ist bei Demeter die Tierhaltung Voraussetzung und mindestens 50 Prozent des Futters müssen vom eigenen Hof oder einer Betriebskooperation stammen. Bei der Verarbeitung sind nur drei Zusatzstoffe erlaubt.
Biopark
Biopark wurde 1991 in Mecklenburg-Vorpommern gegründet, heute gehören dem Verband rund 500 Mitgliedsbetriebe an, die überwiegend aus Nord- und Ostdeutschland stammen. Die Biopark-Richtlinien verlangen eine Gesamtbetriebsumstellung, Auslauf, Weidegang und betriebseigenes Futter. In Biopark-Betrieben wird kein Tier in Anbindehaltung gehalten und jährliche Tierwohlchecks beleuchten jeden Betrieb.
Gäa
Gäa – der Name des Bio-Erzeugerverbands leitet sich aus der griechischen Mythologie vom Namen der personifizierten Erde (Gaia) ab. Er wurde 1989 in Ostdeutschland gegründet und zählt heute knapp 500 Mitgliedsbetriebe in ganz Deutschland und Südtirol. Die Gäa-Richtlinien sind deutlich strenger als die der EG-Öko-Verordnung und umfassen auch soziale Standards wie etwa eine gerechte Bezahlung aller Mitarbeitenden. Auch bei der Gäa ist die Kopplung von Tierhaltung und Landbau im ökologischen Verständnis verankert und in den Richtlinien deklariert.
Biokreis
Biokreis bringt seit 1979 ökologische Erzeuger mit verarbeitenden Unternehmen, Händlern und Verbrauchern zusammen. Die Mitglieder wirtschaften dabei auf der Grundlage der EU-Öko-Verordnung, erfüllen aber zusätzlich die eigenen, deutlich strengeren Richtlinien. Zudem fördert Biokreis besonders regionale Strukturen. Ziel sind kurze Wege zwischen Landwirt, Verarbeiter und Verbraucher. Der Verband gliedert sich in fünf regionale Erzeugerringe, insgesamt gehören ihm rund 1.200 Landwirte, 180 Verarbeiter, Händler und Gastronomen sowie etwa 150 Verbraucher an.
Ecovin
Ecovin ist der größte Verband ökologisch arbeitender Weingüter, ihm gehören rund 200 zertifizierte Bioweingüter in Deutschland an, dazu einige Weingüter in Polen. Nur sie dürfen das Warenzeichen Ecovin tragen und zeigen damit den höchsten Standard im ökologischen Weinbau. Der Verband wurde 1985 gegründet, seine Richtlinien gehen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, so beschäftigte sich Ecovin schon früh mit dem Thema Biodiversität und verankerte dies auch in den Richtlinien.
Bio-Eigenmarken in Supermärkten
Zu den Bio-Produkten bekannter Hersteller kommen zunehmend mehr Bio-Eigenmarken in Voll-Sortimentern und Discountern. Auch hier gilt: Alles was mit „bio“ oder „öko“ wirbt, muss mindestens den Vorgaben des EU-Bio-Siegels entsprechen und genau dieses Siegel findet sich auch auf den meisten Produkten. Mitunter sind aber auch Siegel anderer Anbauverbände zu sehen.
Nicht geschützt oder kontrolliert sind übrigens Begriffe wie „aus kontrolliertem Anbau“, „naturnah“, „integrierter Anbau“ oder „regionaler Anbau“. Da Bio-Produkte beim Discounter mitunter günstiger sind als Bio-Produkte anderer Vertriebsformen sind Verbraucher häufig misstrauisch. Dabei muss bedacht werden, dass die teilweise günstigeren Preise sich auch aus dem Geschäftsmodell der Discounter ergeben: Geringe Kosten durch das eingeschränkte Sortiment, weniger Service und eine ausgefeilte Logistik machen nicht nur konventionelle Produkte günstiger, sondern auch Bio-Produkte.
Genereller Trend: Mehr Bio im Einkaufswagen
Die Tatsache, dass es immer mehr Bio-Produkte nicht nur im Naturkostfachhandel, sondern im normalen Supermarkt oder eben auch beim Disocunter gibt, spiegelt einen generellen Trend wider. Immer häufiger landen Produkte mit Bio-Label in unserem Einkaufswagen. Laut Ernährungsreport 2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) achtet die Hälfte der Menschen mittlerweile beim Kauf von Lebensmitteln immer oder meistens auf ein Bio-Siegel. Allein 2019 gaben die Deutschen rund 12 Milliarden Euro für Bio-Lebensmittel aus – zehn Prozent mehr als noch im Vorjahr. Der Branchenreport des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zeigt zudem: Es spielt dabei keine Rolle, ob die Menschen vorzugsweise im Discounter, beim Vollsortimenter, im Naturkostfachhandel oder beim Direktvermarkter einkaufen. Bio ist in allen Vertriebsformen auf dem Vormarsch.
Bio-Eier sind besonders gefragt
Vor allem bei Eiern achten Verbraucher darauf, Ware mit Bio-Siegel zu kaufen. Das BÖLW-Öko-Barometer 2019 zeigt: Bei 14,1 Prozent aller insgesamt verkauften Eier im Jahr 2019 handelte es sich um Bio-Eier. Auf Platz zwei folgte Mehl mit 12,1 Prozent Bio-Anteil in der Gesamtverkaufsmenge. Platz drei ging an sogenannte „Konsummilch“ mit 10,1 Prozent. Die Gründe der Konsumenten für Bio-Produkte und gegen konventionelle Waren sind vielfältig. Vor allem artgerechte Tierhaltung und der Wunsch nach regionaler Herkunft spielen eine Rolle, aber auch höhere Sozialstandards und faire Einkommen für die Erzeuger. Viele Menschen sehen in der Wahl von Bio-Produkten auch einen Beitrag zum Umweltschutz und damit auch zur Verringerung des Klimawandels. Für sie bieten die verschiedenen Bio-Siegel und Bio-Label eine gute Orientierung, wobei sich Verbraucher immer darüber bewusst sein sollten, dass das EU-Öko-Siegel nur die Mindestvoraussetzungen bietet, während die Siegel der bekannten Anbauverbände oft höhere Standards ansetzen.

Andrea Schorradt studierte Germanistik und Neue Geschichte an der Universität Essen-Duisburg, anschließend volontierte sie bei der Westdeutschen Zeitung. Seit 2011 ist sie als freiberufliche Redakteurin und Texterin sowie als Social-Media-Managerin tätig.
Danke für den wertvollen Beitrag zu Bio-Lebensmitteln. Meine Familie achtet beim Einkauf immer auf Frische und Nachhaltigkeit, deshalb kaufen wir gern vom Biohofladen um die Ecke. Ich wusste gar nicht, dass schon 2019 die Deutschen rund 12 Milliarden Euro für Bio-Lebensmittel ausgaben.
Hallo Lena,
danke für deinen Kommentar. Mit dem Einkauf auf dem Biohof kann man sicher nichts falsch machen – umso schöner, wenn er direkt um die Ecke liegt. Die Angabe zu den Ausgaben für Bio-Lebensmittel stammt aus dem Branchenreport des BÖLW. Er ist im Text verlinkt und bietet noch einige andere überraschende Zahlen.
Viele Grüße, Andrea Schorradt