Die Batterie ist nur eine Option der klimafreundlichen Mobilität. Die wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle die andere. Doch gegen die Förderung des Batteriefahrzeugs tut sie sich schwer. Eine Betrachtung von Gastautor Bernward Janzing.

Die Bundesregierung hat sich auf das batterie-elektrische Fahren eingeschossen – sie sieht darin die Mobilität der Zukunft. Der Kauf von Elektroautos wird seit Februar sogar mit bis zu 6.000 Euro pro Fahrzeug gefördert. „Umweltbonus“ nennt sich das. Anfang März verabschiedete das Bundeskabinett zudem den Entwurf des Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetzes, kurz: GEIG. Danach sollen Bauherren von Wohngebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen verpflichtet werden, jeden Stellplatz „mit der Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität“ auszustatten.

 

Elektroauto lädt Batterie an einem Ladepunkt

Lademöglichkeit in Mehrfamilienhäusern: Das Bundekabinett verabschiedete im März 2020 den Entwurf des Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetzes, kurz: GEIG

 

Batteriefahrzeug massiv gefördert

Die massive Förderung resultiert aus dem Druck, unter dem die Bundesregierung steht. Alle Zahlen belegen, dass der Verkehr das große Problemkind des Klimaschutzes ist. Der Stromsektor unterdessen hat enorme Fortschritte gemacht – dem Atomausstieg zum Trotz. Die Kilowattstunde Strom, 1995 noch mit 713 Gramm CO2 belastet, nähert sich einem Emissionswert von 400 Gramm an.

Von solchen Fortschritten kann der Autoverkehr nur träumen. Der CO2-Ausstoß der gesamten PKW-Flotte stieg in Deutschland zwischen 1995 und 2018 weiter um 3,7 Prozent an. Indem die Politik das Batteriefahrzeug massiv fördert, hofft sie, künftig auch im Individualverkehr den CO2-Ausstoß zu senken. Dabei geht regelmäßig unter, dass es noch andere Optionen klimafreundlicher Antriebskonzepte gibt. Der technologische Wettbewerb bleibt angesichts solcher Vorfestlegung auf der Strecke.

 

Mit Wasserstoff (H2) Autos antreiben, um den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) zu verringern: Durch die Förderung von Batteriefahrzeugen durch die Politik bleibt der Technologie-Wettbewerb auf der Strecke

Mit Wasserstoff (H2) Autos antreiben, um den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) zu verringern: Durch die Förderung von Batteriefahrzeugen durch die Politik bleibt der Technologie-Wettbewerb auf der Strecke.
Bild: AbobeStock, Fokussiert

 

Dabei ist vor allem der Wasserstoff für Brennstoffzellen im Fahrzeug einer Betrachtung wert. Genau genommen sind solche Autos auch Elektroautos, denn sie fahren mit Elektromotor. Aber sie tanken keinen Strom, weil sie diesen an Bord des Vehikels erzeugen.

 

Brennstoffzelle versus Batterie

Die Frage, ob die Batterie oder die Brennstoffzelle die bessere Variante ist, lässt sich leidenschaftlich diskutieren. Vor- und Nachteile haben beide. Die großen Vorteile der Wasserstoffautos mit Brennstoffzelle: Sie sind in wenigen Minuten vollgetankt, wie ein Benziner. Sie erreichen spielend eine Reichweite von 600 Kilometern. Und sie müssen keine schweren Batteriepacks mit sich herumfahren.

Es gibt bereits mehrere Modelle am Markt. Diese sind laut Einschätzung am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg „ohne Einschränkungen alltagstauglich“. Optisch unterscheiden sie sich kaum von jenen mit Verbrennungsmotor. Die Wasserstofftanks, die zwischen 3,7 und 5,6 Kilogramm fassen, sind von überschaubarer Größe und können im Unterboden verstaut werden.

 

Brennstoffzellen-Auto Nexo von Hyundai

Der Nexo von Hyundai fährt wie der Toyota Mirai und der F-Cell von Mercedes mit Wasserstoff.

 

Aber die Brennstoffzellen-Fahrzeuge (FCEV genannt, Fuel Cell Electric Vehicle) sind noch erheblich teurer als die Batterieflitzer (BEV genannt). Der Toyota Mirai kostet aktuell fast 79.000 Euro. Der Nexo von Hyundai wird ab 69.000 Euro angeboten. Mercedes hat den F-Cell, doch der wird noch gar nicht verkauft. An sieben deutschen Mercedes-Benz-Stützpunkten bietet Mercedes ihn im Rahmen eines „Metropolenkonzeptes für ausgewählte Kunden“ als „Full-Service-Mietmodell“ an.

 

Kleinserien machen Antrieb teuer

Die hohen Kosten der Fahrzeuge hängen damit zusammen, dass sie bisher nur in Kleinserien gefertigt werden. Im vergangenen Jahr bilanzierte der VDI (Verein Deutscher Ingenieure): „Die Serienfertigung von Batteriesystemen ist weiter fortgeschritten als die von Brennstoffzellen.“ Entsprechend sei „die Kostenreduktion bei Batterien aktuell deutlich ausgeprägter als bei Brennstoffzellensystemen“.

 

Brennstoffzellenauto tankt Wasserstoff

Der Umgang mit Wasserstoff ist etabliert. Bei Fahrzeugen setzte sich der einfache Drucktank in den Varianten 350 oder 700 bar durch. Bild: Felix Krumbholz, H2-Mobility

 

Der Umgang mit dem Wasserstoff ist aus technischer Sicht heute etabliert. In der Vergangenheit testeten die Autobauer verschiedene Speichervarianten. Weder der Flüssigwasserstoff mit minus 253 Grad, noch das Methanol, aus dem ein Reformer an Bord des Fahrzeugs den nötigen Wasserstoff erst gewinnen sollte, konnten sich durchsetzen. Der einfache Drucktank in 350- oder 700-bar-Variante machte das Rennen.

Grafik: Ausbau der Wasserstoff-Tankstellen steigt nahezu linear an

Der Ausbau des Wasserstoff-Tankstellennetzes geht voran. Im März 2020 waren 83 Tankstellen in Deutschland betriebsbereit. Grafik: H2-Mobility

 

Das Netz der Wasserstofftankstellen ist noch überschaubar, aber es wächst. Die Unternehmen Air Liquide, Daimler, Linde, OMV, Shell und Total gründeten im Jahr 2015 die Betreibergesellschaft H2 Mobility Deutschland, die inzwischen 83 Wasserstofftankstellen aufgebaut hat. Die Absatzmengen steigen. Allerdings nähert sich die Anzahl der Ladestationen für Batteriefahrzeuge in Deutschland zugleich der Marke von 20.000. Die elektrische Ladesäule ist damit deutlich mehr etabliert.

 

Vergleich der Antriebe hinkt

Reelle Kostenvergleiche der beiden Systeme sind unterdessen schwer, auch weil der Preis für Wasserstoff noch ein politischer ist. Aktuell wird das Kilogramm für 9,50 Euro verkauft. Bei einem Verbrauch zwischen 0,8 und einem Kilogramm für 100 Kilometer kommt man auf Treibstoffkosten von acht bis neun Euro je 100 Kilometer. Das ist deswegen möglich, weil auf Wasserstoff anders als auf Benzin und Diesel keine Energiesteuern erhoben werden.

 

Frau hält Stecker eines E-Autos ins Bild

Das Ladesäulennetz von Energiedienst umfasst inzwischen über 100 Ladesäulen in Südbaden und der Schweiz. Die Kilowattstunde Ökostrom fürs E-Auto kostet hier 39 Cent. Bild: Energiedienst, Juri Junkov
https://www.naturenergie.de/e-mobilitaet/community/

 

Sehr unterschiedlich sind dagegen die Preise für Ladestrom. An Schnellladesäulen, die bis zu 350 Kilowatt liefern, werden am Markt bis zu 79 Cent je Kilowattstunde verlangt. Attraktiv sind solche Ladeleistungen, wenn es schnell gehen muss: In nur 15 bis 20 Minuten ist die Batterie wieder voll.

Aber es gibt auch Angebote für die Hälfte des Preises. Am günstigsten ist es mit rund 30 Cent an der normalen Steckdose. Dieser Betrag wird nur von der eigenen Solarstromanlage unterboten und von subventionierten Angeboten, die zum Beispiel Unternehmen für ihre Kunden bereithalten.

Bei einem Durchschnittsverbrauch der Batteriefahrzeuge von 18 bis 20 Kilowattstunden ergeben sich zwischen sechs und 15 Euro Energiekosten auf 100 Kilometer. Wer günstig Strom tankt, bezahlt damit folglich weniger als beim Verbrenner: Ein Diesel, der sechs Liter verbraucht, kommt aktuell auf etwa acht Euro an Energiekosten. Ein Benziner, der sieben Liter Super schluckt, kommt auf etwa zehn Euro.

 

Brennstoffzellen-Zug der Firma Alstom

Wasserstoff zieht: Der französische Bahnkonzern Alstom schickt mit „Coradia iLint“ den ersten Wasserstoffzug auf die Schiene. Bild: René Frampe

 

Für größere Fahrzeuge – ob für LKW, Schiffe oder im Bahnverkehr – sind Batterien derzeit kaum denkbar. Hier könnte der Wasserstoff die Option der Wahl sein. Das demonstriert der französische Bahnkonzern Alstom mit seinem Wasserstoffzug „Coradia iLint“ inzwischen.

 

Brennstoffzelle für Nutzfahrzeuge

Die Einschätzung, dass trotz der derzeit dominierenden Batterievariante Wasserstoff eine attraktive Option ist, teilt offenbar inzwischen der Automobilzulieferer Bosch. Im Frühjahr 2019 gab das Unternehmen bekannt, es werde künftig das Herzstück der Brennstoffzelle, die Stacks, für den Einsatz in LKW und PKW entwickeln. Auch das Automobilland Baden-Württemberg sieht industrielle Chancen in der Technik, weshalb die Landesregierung diese in einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger untersuchen ließ.

 

Energiedienst-Standort Grenzach-Wyhlen mit Power-to-Gas-Anlage und Wasserkraftwerk

In der Power-to-Gas-Anlage in Wyhlen gewinnt Energiedienst mit Hilfe von Ökostrom aus Wasserkraft und Wasser Wasserstoff. Bild: Energiedienst, Kevin Folk

 

Aus Sicht des Stromnetzes hat der Wasserstoff einen Vorteil: Das Gas kann dann erzeugt werden, wenn ausreichend Strom aus erneuerbaren Quellen vorhanden ist. So kann die Wasserstofferzeugung das Netz stabilisieren, während Batteriefahrzeuge das Netz sogar herausfordern, weil die Energie exakt dann bereitgestellt werden muss, wenn die Autofahrer tanken wollen.

 

Bestimmt die Verfügbarkeit bald den Ladepreis?

Mit steigender Anzahl an Batteriefahrzeugen, so viel ist absehbar, wird der Druck steigen, eine koordinierte Ladung der Fahrzeuge zu organisieren. Das kann geschehen, indem Algorithmen die Ladezeiten steuern, oder indem ein zeitvariabler Preis Anreize zu netzdienlichem Tanken gibt: Wer künftig sofort tanken will, wird mehr bezahlen müssen, zumindest zu bestimmten Zeiten.

 

Frau und Mann laden Batterie eines Elektroautos an einer Ladestation

E-Auto laden, wenn Strom wegen eines großen Angebots günstig ist? Wasserstoff könnte ausgleichend wirken.
Bild: Energiedienst, Juri Junkov

 

Denn Strom wird zunehmend ein Gut mit schwankendem Zeitwert. Einerseits gibt es Stunden im Jahr, in denen so viel Strom aus fluktuierenden erneuerbaren Energien bereitsteht, dass die Netze ihn nicht abtransportieren können. Oder es gibt sogar mehr Strom als Nachfrage vorhanden ist. Andererseits wird es Zeiten geben, in denen Strom knapper und damit teurer ist.

Wasserstoff könnte ausgleichend wirken: Ist mehr Strom vorhanden als gebraucht wird, nutzt man diesen, um per Elektrolyse Wasserstoff zu erzeugen. Dieses Gas kann – bis zu einem Anteil von derzeit einigen Prozent und künftig wohl bis zu 20 Prozent – ins bestehende Erdgasnetz eingespeist werden. Damit stehen Speicher in großen Mengen zur Verfügung.

Die wird man brauchen, denn es geht längst um eine hohe Zahl an verlorenen Kilowattstunden. Alleine in den ersten drei Quartalen 2019 wurden in Deutschland laut Bundesnetzagentur rund fünf Milliarden Kilowattstunden Strom aus erneuerbaren Energien nicht erzeugt, weil das Netz den Strom nicht mehr aufnehmen konnte.

 

Windkraftanlage vor blauem Himmel in Sonnenschein

Vor allem Windkraftanlagen wurden in 2019 abgeriegelt, weil das Netz ihre Produktion nicht mehr aufnehmen konnte. Bild: Adobe Stock

 

Es waren vor allem Windkraftanlagen, die abgeregelt wurden. Die so verschenkte Energiemenge entsprach etwa dem gesamten Stromverbrauch von einer Million Menschen im gleichen Zeitraum. Nutzt man künftig den Strom, der ansonsten gar nicht erzeugt worden wäre, zur Wasserstoffherstellung, relativiert sich die schlechtere physikalische Effizienz von Wasserstoff und Brennstoffzelle im Vergleich zur hocheffizienten Batterie.

 

Entscheidet Politik über Sieg „Brennstoffzelle gegen Batterie“?

Aktuell hat die Politik den Weg vorgegeben, indem sie Batteriefahrzeuge erheblich fördert. Das Ergebnis spiegelt sich in den Zulassungszahlen wider. Während zu Jahresbeginn 2020 in Deutschland bereits gut 136.000 Batterie-PKW auf den Straßen waren, lag die Zahl der Wasserstofffahrzeuge zum gleichen Zeitpunkt erst bei wenigen hundert.

 

Umweltbonusschild liegt auf Holz. Batterie gegen Brennstoffzelle

Durch den Umweltbonus der Bundesregierung bekommen Batteriefahrzeuge einen satten Vorsprung.
Bild: Adobe Stock, unverdorbenjr

 

Doch die Politik wollte offenbar keinen technologieneutralen Weg gehen. Dabei hätte es eine recht elegante Option gegeben. Denn gelenkt über eine langfristig festgelegte und stetig steigende CO2-Abgabe – gleichermaßen für alle Energieträger und Sektoren erhoben – hätte sich über die Jahre jene Antriebstechnik durchgesetzt, die die klimafreundlichste Mobilität garantiert. Förderung aus Steuergeld hätte man dann gar nicht gebraucht.

 

Bleibt Wettbewerb „Batterie gegen Brennstoffzelle“ auf der Strecke?

Ob der Gewinner in diesem Wettbewerb der Technologien das Batteriefahrzeug gewesen wäre oder der Wasserstoff mit Brennstoffzelle, das hätten dann nicht Politiker bestimmt. Vielleicht beide – je nach Fahrzeugtyp? In kleinen PKW vielleicht die Batterie, in größeren die Brennstoffzelle. Oder – vielleicht für eine Übergangszeit – ein hocheffizienter Verbrennungsmotor mit (Bio)-Erdgas? Es hätten die Ingenieure mit ihrem Erfindergeist entschieden, und natürlich am Ende, bedingt durch die jeweilige Attraktivität der Produkte, die Kunden. Es wäre aus Sicht der Marktwirtschaft wie des Klimaschutzes der sauberste Weg gewesen.

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