Wasserstoffautos gelten als eine der vielversprechendsten Lösungen für eine grüne Verkehrswende. Wir erklären die Technik in Brennstoffzellenautos und beleuchten ihre Vor- und Nachteile.
Wer hat’s erfunden?
Christian F. Schönbein, Professor für Physik und Chemie an der Uni Basel, entdeckte vor etwa 180 Jahren den „Brennstoffzellen-Effekt“: Werden zwei Platindrähte in mineralisiertem Wasser mit Wasserstoff und Sauerstoff umspült, so entsteht eine Spannung. Sir William R. Grove, eigentlich Jurist, gilt als Erfinder des ersten Brennstoffzellen-Apparates. Diese Erfindung war der zweite wesentliche Beitrag zur Entwicklung der Brennstoffzelle und bestand aus mehreren in Reihe geschalteten galvanischen Elementen. Die erzeugte Spannung reichte aus, um Wasser in einem weiteren Behälter in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen.

Prinzip der Brennstoffzelle. Foto: Adobe Stock/sivvector
Funktionsprinzip der Brennstoffzelle
Eine moderne Brennstoffzelle wird links mit Wasserstoff aus einem Tank, und rechts mit Sauerstoff aus der Luft „gefüttert“. Dem Wasserstoff geht es dabei direkt an den Kragen. Er wird in seine Einzelteile zerlegt: zwei Elektronen (-) und zwei Protonen (+). Die freiheitsliebenden Elektronen fließen direkt als Strom ab und können für einen Elektromotor genutzt werden. Die harmoniebedürftigen Protonen suchen den Ladungsausgleich und fließen nach rechts zum Sauerstoff. Der wiederum sagt nicht nein und verbindet sich mit den Wasserstoffteilchen zu Wasser. Das Ganze nennt sich „kalte Verbrennung“. Es entsteht Strom, Wärme, und ein wenig Wasser.
Einsatzmöglichkeiten im Verkehr
Wenn man dieses Prinzip mehrfach aufeinanderstapelt und in Reihe schaltet, spricht man von einem „Stack“ also einem Stapel aus Zellen. Diese ergeben dann die Brennstoffzelle als Ganzes. Um einen PKW wie den Hyundai Nexo damit vom Fleck zu bewegen, braucht es 440 Zellen. Damit die arbeiten können, führt der Nexo knapp 6,5 Kilo Wasserstoff mit sich, verpackt in drei Tanks aus Kohlefaser. Betankt ist das Auto in unter fünf Minuten. Die Reichweite beträgt laut verschiedener Praxistests etwa 550-600 Kilometer. Größere Vehikel wie Busse oder Bahnen (auch die gibt es schon serienreif) haben entsprechend größere Brennstoffzellen und Tanks. Ein modernes Elektrofahrzeug kann als Speicher also entweder eine Batterie oder eine Brennstoffzelle nebst Wasserstofftank mit sich führen.

Kurze Tankzeit, große Reichweite: Sind Vorteile von Wasserstoffautos wie der Hyundai Nexo. Foto: Hyundai
Wie sicher sind Brennstoffzellenautos?
Wasserstoff in Verbindung mit Sauerstoff brennt. Ab einem bestimmten Verhältnis ist das Gemisch sogar explosiv. Wasserstoff ist aber extrem flüchtig, weil er so leicht ist. Forscher haben in einem Experiment ein mit Benzin und ein mit Wasserstoff betriebenes Fahrzeug angezündet. Vorher hatten sie jeweils in die Treibstoffleitung ein Loch gebohrt, damit es in jedem Fall klappt. Der Benziner brannte vollständig aus. Beim Wasserstoff entlud sich der Tankinhalt in einer Stichflamme weit über dem Fahrzeug. Die Brandgefahr ist bei Autos mit Benzin- oder Dieseltank also tatsächlich größer. Bei Crashs gelangen bei Autos mit Verbrennungsmotor zudem oft Öl und Benzin oder Diesel in die Umwelt.
Wirkungsgrad: Brennstoffzelle und Batterie im Vergleich
Um klimatechnisch zu punkten, sollten Wasserstoffautos mit CO2-neutralem Wasserstoff aus regenerativen Quellen betankt werden. Dasselbe gilt für Elektroautos, die Ihre Energie in Batterien mit sich führen. Aber welche der beiden Arten hat nun am Ende den besseren Gesamtwirkungsgrad? Moderne Wasserstoffautos kommen derzeit auf einen Wirkungsgrad von knapp 60 Prozent. Elektroautos kommen auf etwa 90 Prozent. Bei der Brennstoffzelle handelt es sich um einen Energiewandler – sie wandelt Wasserstoff zu Strom. So ein System kann deshalb nie gleich effizient sein, wie eine Batterie, die ja selbst ein Energiespeicher ist. Diese Schwäche hat aber auch eine positive Seite: Die Abwärme des Brennstoffzellensystems kann zur Beheizung der Fahrzeuge genutzt werden.

Wasserstoff aus regionaler Wasserkraft: Die Power-to-Gas Anlage in Wyhlen. Foto: Energiedienst/Kevin Folk
Welcher Antrieb ist nun besser?
Die Erzeugung von Wasserstoff aus Ökostrom ist ein wichtiger Baustein der Energiewende. Überschüssiger Strom, der zum Zeitpunkt X nicht benötigt wird, kann in Power-to-Gas Anlagen in Wasserstoff umgewandelt und damit gelagert werden. Dann spielt auch am Ende der Wirkungsgrad eine untergeordnete Rolle. Denn primäres Ziel ist es, CO2-Emissionen zu vermeiden. In punkto Lademöglichkeiten und Anschaffungspreis hinkt das Wasserstoffauto dem E-Mobil derzeit noch deutlich hinterher. In Deutschland gibt es derzeit 84 Wasserstoff-Tankstellen und ein Hyundai Nexo kostet knapp 80.000 Euro! Solche Faktoren ändern sich aber mit höheren Stückzahlen. Reichweite und Dauer der Betankung sind große Vorteile. Zudem: Wasserstoff kann lokal produziert werden! Schauen Sie mal bei unserer Power-to-Gas Anlage in Wyhlen vorbei!
https://h2.live/wasserstoffautos
https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/elektromobilitaet/kaufen/neue-elektroautos/

Als Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Event-Management arbeitet Simon Kuner in der Besucherinformation von Energiedienst: „Wir müssen Nachhaltigkeit und die Verantwortung für unseren Planeten täglich praktizieren. Nur so inspirieren wir andere, es auch zu tun. Als Referent in einem Wasserkraftwerk bin ich dafür genau an der richtigen Stelle!“
Hallo Simon,
nebst der sehr verständlichen Erklärung ein sehr eindrücklicher Vergleich bez. dem Verbrennen von einem Verbrenner vs. H2 Fahrzeug.
kollegialen Gruß
Roman
Danke für die tolle Erklärung. War sehr interessant zu lesen.
Es ist natürlich richtig, dass man Wasserstoff immer nur dann produzieren kann wenn der Strom günstig ist. Die Frage ist doch aber, ob es betriebswirtschaftlich darstellbar ist mit hohen Investkosten eine Elektrolyseuranlage aufzustellen und diese dann immer nur z.B. 1 Stunde am Tag zu betreiben?
Auf der anderen Seite kann man natürlich auch batterieelektrische Autos immer dann aufladen, wenn der Strom günstig ist. Dafür müsste dann der Stromversorger einen passenden Stromtarif und die Technik dazu anbieten. Früher waren das bei den Elektrospeicherheizungen die Rundsteuerempfänger, heute könnte das auch sowas wie ein Smart Grid sein.
Hallo Martin R.,
ein Betrieb beschränkt auf Stromüberschuss-Lagen und entsprechend niedrige Strompreise kann nicht wirtschaftlich sein. Hier eine grobe Schätzung für eine 1 MW-Anlage:
– Investition: 3,5 Mio. €
– Kapitalkosten grob geschätzt: 350.000 €/Jahr
– H2-Produktion: 18 kg/Stunde
– Benutzungsdauer: 1.000 h/Jahr
– H2-Produktion: 18.000 kg/Jahr
– Notwendiger H2-Preis bei Annahme Stromkosten gleich Null: etwa 20 €/kg; dies ist etwa das 3-fache des Erlöses für Mobilitäts-H2 (frei Produktion).
Wenn es also um die Speicherung von Überschussstrom geht, wären ohnehin vorhandene Batterien in E-Autos sicher die deutlich bessere Variante. Technisch ließe sich dies sicher relativ einfach umsetzen.
Für H2 spricht, dass die Batterieelektrik schlicht nicht für alle Anwendungszwecke reicht. Für schwere Straßenfahrzeuge, Schiffe oder Flugzeuge werden Energieträger mit deutlich höherer Energiedichte benötigt, z. B. H2 oder auf H2 basierende synthetische Treibstoffe. Auch die Langzeitspeicherung von elektrischer Energie dürfte mit Batterieelektrik nicht darstellbar sein. Für einige Anwendungen werden wir die vergleichsweise geringe technische Effizienz des H2-Pfades in Kauf nehmen müssen.
Sofern Marktkräfte hinreichend wirken (dürfen), wird sich in einem vollkommen auf „erneuerbare Energien“ umgestellten System ein volkswirtschaftliches Optimum einstellen; mehr oder weniger hohe Auslastung PtX vs. mehr oder weniger zu installierende Stromerzeugungskapazität.
Viele Grüße
Simon Kuner
Guten Tag Herr Kuner,
vielen Dank für diese interessante Abschätzung. Habe ich so noch nirgendwo gesehen. Ich verstehe, sobald mal die typischen Grundlaskraftwerke (AKWs, Kohle, …) vom Markt sind und dafür viel mehr Photovoltaik, Wind und Co. im Netz, werden die Ausschläge der Großhandelsstrompreise in beiden erheblich Richtungen größer.
Auf der Gegenseite werden dann vermehrt zeitlich verschiebbare Lasten und Speicher um einen möglichst günstigen Strompreis buhlen. Also z.B. Wärmepumpen, batterieelektrische Autos, Batteriespeicher, … und Elektrolyseure zur Wasserstoffproduktion.
Interessant, dass Wasserstoffautos als eine der vielversprechendsten Lösungen für eine grüne Verkehrswende gelten. Der Fahrzeughandel wiederum wandelt sich auch mehr in die nachhaltige Richtung. Vielleicht kann ich irgendwann mit einem solchen Auto Probefahren.
bin ein grosser laie, un die frage ist mir peinlich, aber trotzdem: ist es möglich, ein batteriefahrzeug wie etwa nissan leaf mit einer brennstoffzelle zu ergänzen/nachzurüsten. grundsätzlich wird doch das fahrzeug durch einen elektromotor betrieben in beiden fällen?
Hallo Herr Zschokke,
jede Frage ist es wert, gestellt und beantwortet zu werden!
Die Umrüstung von batteriebetriebenen E-Fahrzeugen auf einen Antrieb mit Brennstoffzelle ist wirtschaftlich absolut unrentabel, da der batterieelektrische Antrieb insbesondere bei Kleinfahrzeugen wie dem Nissan Leaf einen sehr hohen Gesamtwirkungsgrad bietet.
Allerdings gibt es bereits erste Firmen, die die Umrüstung von LKW mit Dieselmotoren auf Brennstoffzellen-Antrieb anbieten. Bei 40-Tonnern macht der Wasserstoff als mitgeführter Energiespeicher mehr Sinn.
Lesen sie hierzu gerne diesen Artikel: https://www.kfz-betrieb.vogel.de/brennstoffzelle-statt-diesel-umruestung-am-fliessband-a-941964/
Viele Grüße
Simon Kuner