Eine Walliser Genossenschaft sucht Strom-Patrioten und will so die heimische Wasserkraft stärken. Verbraucher in der Schweiz können sich schon bald langfristig sauberen Wasserkraftstrom zu einem festen Preis sichern.

Seit Mitte Oktober 2017 lanciert die Genossenschaft e-can suisse ein entsprechendes Crowdfunding und greift damit der Marktliberalisierung in der Schweiz voraus. Für das spannende Projekt werden bis Ende März rund 10.000 Strom-Patrioten, wie der Tages-Anzeiger die Teilnehmer nennt, benötigt. Diese sollten bereit sein, für den Strom aus dem Wallis einen kleinen Aufpreis zu zahlen. Mitte März 2018 wurde die Vorgabe zu knapp 37 Prozent erreicht.

Wenn alles klappt wie geplant, könnten die Teilnehmer schon zum 1. Juli 2018 ihren Stromverbrauch über e-can suisse in zwei Walliser Kraftwerken produzieren lassen. Die Messlatte liegt bei 40 Millionen Kilowattstunden. Sollten rechtzeitig Bestellungen über diese Strommenge eingehen, fällt der Startschuss für das innovative Projekt.

Die Teilnehmer hätten dann die Gewissheit, dass ihre Verbrauchsmenge aus ausgewählten Wasserkraftwerken in den Walliser Orten Ernen oder Mörel stammt. Optional könnte das Crowdfunding auch um drei Monate verlängert werden, um auf genügend Akzeptanz zu stoßen.

Die Inretis Holding AG in Chur sowie die beiden Walliser Stromproduzenten FMV SA in Sion und die EnAlpin AG in Visp initiierten das Vorhaben.

Das Wasserkraftwerk Mörel der Aletsch AG mit einer mittleren Energieproduktion von rund 138 GWh/Jahr ist eines der beiden Kraftwerke, die den Strom für die Genossenschaft e-can suisse erzeugen.

Das Geschäftsmodell des direkten Bezugs von Wasserkraftstrom ist interessant, aber auch erklärungsbedürftig. Vielleicht liegt es unter anderem daran, dass noch nicht genügend Strom-Patrioten gefunden werden konnten. Aber vielleicht auch an der Tatsache, dass der Schweizer Privatkunde seinen Strom noch vom lokalen Elektrizitätswerk beziehen und dort auch die Rechnung dafür bezahlen muss.

Trotzdem kann die Genossenschaft e-can suisse in diesem Szenario als Stromanbieter auftreten, indem sie mit den exakten Stromverbrauchsdaten des Kunden die benötigte Strommenge bei einem der genannten Kraftwerke in Echtzeit bezieht. Dazu wird der Stromverbrauch der Endkunden alle 15 Minuten gemessen und an eines der beiden Wasserkraftwerke im Wallis geschickt.

Der Kunde bezahlt für diesen Strom 7,5 Rappen pro Kilowattstunde. Da er ihn aber nicht selbst nutzen kann, verkauft e-can den Wasserkraftstrom im Auftrag des Kunden auf dem freien Markt und überweist den Erlös abzüglich eines Rappens pro Kilowattstunde an diesen. So wird sichergestellt, dass tatsächlich die vom Kunden verbrauchte Strommenge in Echtzeit in einem Schweizer Wasserkraftwerk produziert wird. Bei den aktuellen Strompreisen müssen e-can-Kunden derzeit mit Mehrkosten von rund 1,5 Rappen pro Kilowattstunde rechnen.

Über das Crowdfunding-Projekt können die Verbraucher in der Schweiz so die Energiewende aktiv mitgestalten und sich für ein, fünf oder zehn Jahre Strom aus heimischer Wasserkraft zu einem festen Preis sichern. Als Kunde mit einem Stromverbrauch von weniger als 100.000 kWh pro Jahr (gebundener Kunde) sind sie dann Mitglied der nicht gewinnorientierten Genossenschaft e-can suisse.

Die Genossenschaft stellt die Abrechnung mit jedem einzelnen Kunden sicher. Kunden mit einem größeren Verbrauch (freie Kunden) müssen nicht der Genossenschaft beitreten und können direkt mit den Wasserkraftpartnern, FMV SA und EnAlpin AG, abrechnen.

Die Aletschregion bildet mit dem nördlich anschließenden Jungfraumassiv eines der größten Gletschergebiete der Alpen. Die Wassernot in den Bergen von Ried-Mörel und der Aufschwung der Industrie nach dem Zweiten Weltkriege führten in den 1940er Jahren zur Gründung einer Kraftwerkgesellschaft.

Aber nicht nur die Kunden profitieren, denn über die Genossenschaft e-can suisse können jetzt auch die Produzenten von Wasserkraftstrom diesen direkt den Endkunden anbieten. Bisher mussten sie Wasserkraftstrom über Stromverteiler oder -händler vermarkten. Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.

Das Besondere an diesem Geschäftsmodell ist, dass der vom Kunden verbrauchte Strom in Echtzeit in den Wasserkraftwerken im Wallis produziert wird. Damit unterscheidet sich das Angebot von anderen Ökoprodukten, die ihren Label-Strom häufig über Zertifikate auf Jahresbasis erwerben.

Ob sich das Geschäft für die Genossenschafter finanziell rentiert, hängt vom Strompreis ab. Steigt der Strompreis, kann unterm Strich ein Gewinn herausspringen. Sinkt der Strompreis, zahlen die Kunden eine Prämie für den lokalen und ökologischen Mehrwert.

Auf jeden Fall können sie sich über die Festpreisgarantie langfristig den aktuellen Strompreis sichern und sich damit für bis zu zehn Jahre unabhängig von den Preisentwicklungen am zukünftigen, liberalisierten Strommarkt machen. Nebenbei stärken sie die heimische Wasserkraft.

Derzeit könnten nach ersten Berechnungen schon heute rund 40 Prozent der Haushalte finanziell besser fahren als mit dem günstigsten Angebot an ihrem Standort. Als Genossenschafter sind sie zudem am Erfolg der e-can-Genossenschaft beteiligt, insbesondere bei steigenden Strompreisen.

Mehr Infos: www.e-can.ch

 

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