Grillen ist ja Überzeugungssache. Offenes Feuer, Holzkohle, Gas oder Strom – Vor- und Nachteile hat jede Methode. Vor allem beurteilt sie jeder anders. Wirklich umweltschonend sind sie alle nicht. Sie kennen das ja – dieses Diskutieren zwischen „nur Kohle“ und „lieber elektrisch“.
Was Sie oben sehen, ist eine kleine Revolution: ein Solargrill – und Solarofen, beides zugleich. Der gosun stove. „Ofen, mit dem man in die Sonne geht“ – so hieße das wohl frei übersetzt. Aber klingt nicht so gut, oder? Ich besitze das Ding jetzt seit ungefähr zwei Wochen, und eines können Sie mir glauben: Ein Solargrill macht das Grillen spannender. Das auf jeden Fall.

In dieser Röhre wird gegart und gegrillt. Erhitzt wird sie durch pure Sonnenenergie.
Nicht umsonst sieht der Solarofen aus wie ein Objekt aus der Zukunft. Ein wenig UFO-artig. Zusammengeklappt sehr kompakt. Etwa wie eine Tragetasche aus Aluminium. Mit einer Röhre drin.
Klappt man die Flügel rund um die Röhre auseinander, so werden die Tragegriffe der „Tasche aus Aluminium“ zu Standfüßen. Dann wird schon klar, worum es geht: Zwei reflektierende Flächen haben die Aufgabe, Sonnenstrahlen auf eine mittig angerachte Röhre aus dickem Glas zu lenken. Ein Sonnenkollektor mit Grill- oder Ofenröhre. Ein Solarofen und -grill.
Der gosun stove ist nicht irgendein Solargrill. Er ist ein Hightech-Produkt. Aus der Zukunft sozusagen, oder besser: aus den USA, von dort habe ich ihn diesen Sommer eigens importiert.
Die Kosten dafür:
279 US-$ für das Produkt
80 US-$ Versandkosten nach Deutschland
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334,56 EUR incl. Kreditkartengebühr für Auslandseinsatz von EUR 6,56
86,51 EUR für Einfuhrumsatzsteuer, die per Nachnahme erhoben wurden
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421,08 EUR in Summe
Immerhin: Am 5. August hatte ich den gosun-Solarofen bestellt, am 11. August stand UPS erstmals vor der Tür und versuchte ihn zu liefern. Das war mal schnell.
Warum habe ich mich für diese Modell entschieden und nicht für irgendeinen Solargrill, den man bei Amazon bestellen kann? Der Grund: Clemens und Fabian sind zwei junge Tüftler in Wien, die selbst einen Solargrill – in ihrem Fall zum Aufblasen – entwickeln und bald verkaufen möchten. Da ihr Modell bisher nur vorbestellt werden kann, aber noch nicht ausgeliefert wird, haben sie ihren Fans Alternativen empfohlen. Eine Top 10 der Solargrills. Und: Die beiden sehen mein futuristisches UFO, den gosun stove sport, in einer Top 10 bereits jetzt erhältlicher Solargrills auf Platz 1. Das hat Stil, dass die beiden, obwohl sie selbst ein solches Produkt auf den Markt bringen möchten, das bisher beste aus ihrer Sicht empfehlen. Das hat meine Kaufentscheidung ungemein erleichtert. Denn man kauft sich ja nicht jeden Tag einen Solargrill.
Jeder Solargrill hat ganz spezifische Vor- und Nachteile. Der Name meiner gosun-stove-Variante, „gosun sport“, soll – durch den Nachsatz „sport“ – andeuten: Dieser Solargrill ist etwas für Leute, die gern mobil sind, das Gerät gern dabei haben möchten. Und in der Tat ist er, gerade mal gut 60cm lang und total schlank und leicht, super transportabel. Er ist rucksacktauglich. Da beim Einsatz weder Kohle noch andere Brennstoffe notwendig sind, steht einem Picknick in freier Natur nichts im Wege.
Kompaktheit ist daher wohl seine größte Stärke. Mit der Stabilität – das muss ich noch sehen. Seine Verarbeitung wirkt auf mich perfekt, hochwertig, einwandfrei. Doch die vakuumierte Glasröhre ist per se empfindlich. Es lauern Gefahren. Herunterfallen sollte das Gerät mit Sicherheit nicht. Und wenn man den Solarofen in der Sonne vorheizt und erst dann den Schieber mit Grillgut einführt, dann kann es zu einem thermischen Schock kommen, der die Glasröhre zum Bersten bringt. Also aufpassen. Bisher ist nichts passiert. Nach mehreren Einsätzen ist mein gosun sport stove noch in bestem Zustand. Ist ja auch nicht so schwierig: nicht herunterwerfen – nicht etwas ganz Kaltes mit der bereits vorgeheizten Glasröhre in Verbindung bringen. Am besten gar nicht vorheizen.

Den Solargrill richtig ausrichten und nicht zu voll laden, sonst wird der Inhalt nicht gar – oder es tropft heraus (ganz hinten ist heraustropfendes Eigelb zu erkennen, die Reinigung war schwierig).
Grillen oder Garen mit Solarenergie ist – wie gesagt – spannend. Es kommt total darauf an, ein Gefühl zu entwickeln. Das Gefühl für Garzeiten. Für den gewünschten Grad an Bräune. Für die richtige Ausrichtung der Reflektoren zur Sonne. Man muss schauen, dass sie die Sonnenstrahlen genau richtig einfangen. Dazu lassen sie sich dank Scharnier in den entsprechenden Winkel bringen.
Gefühl braucht man aber auch, um sich bei der Überprüfung des richtigen Einstrahlwinkels nicht zu blenden. Denn kontrolliert man allzu akribisch und schaut dabei unglücklich auf die Reflektoren, dann hat man dieses Gefühl, das Autofahrer kennen: Sie auch? Wenn Sie hinter einem anderen Wagen herfahren, dessen Heckscheibe sie exakt blendet, weil die aktuell sehr starke Sonne genau im passenden Winkel einfällt? Genau so ist das. Ich weiß nicht, wie es Ihnen damit geht. Bei mir kann das echt Unwohlsein auslösen. Auf jeden Fall das Gefühl, geblendet worden zu sein, und das ist ganz und gar nicht schön. Sicher nicht gut für die Augen. Also immer aufpassen. Das stört mich am Prinzip Solargrill (das wird nicht nur dieses Modell betreffen) wirklich am meisten – ich will mir damit nicht die Augen verletzen.

Erstes Experiment – harte Frühstückseier aus dem Solarofen. Das klappte bei mir direkt beim ersten Versuch!
Ein Gefühl muss man aber vor allem für den ganzen Ablauf entwickeln. Ich habe mit etwas ganz Einfachem begonnen. Eigentlich dachte ich: Das kann nicht klappen. Aber es lief erstaunlich erfolgreich. An einem sonnigen Tag beschloss ich, die Frühstückseier nicht dem Eierkocher anzuvertrauen und auf das Pieeep! zu warten, sondern die Eier in den gosun stove zu legen. Natürlich ohne Wasser, denn Wasser oder ähnlich Flüssiges darf man nie direkt in dem Solarofen erwärmen – nur mit einem speziellen Einsatz, der nicht im Lieferumfang enthalten ist. Sonst geht das Teil direkt kaputt. Also: Frühstückseier hinein, das Ganze raus in die Sonne stellen, nach gut 30 Minuten das Ergebnis prüfen. Und es war gut: Die Eier fielen genau wie erhofft aus. Kurz vor richtig hart. Mit ganz wenig Weich in der Mitte. Ohne Wasser – ohne Stromverbrauch.

Die ersten Bratwürstchen aus dem Solargrill – halbwegs durch, aber etwas blass.
Da wurde ich natürlich mutiger. Dachte mir, beflügelt vom Erfolg mit den Eiern: Heute Mittag gibt’s die Bratwürstchen ebenfalls aus meiner neuen, nachhaltig-korrekten Wundermaschine mit null Stromverbrauch. Solargegrillt. Gesagt, getan. Und die Würstchen waren wirklich recht lang drin. Nach zwei, drei Kontrollblicken entschied ich irgendwann – nach einer Dreiviertelstunde oder auch mehr: Jetzt sind sie fertig. Braun muss ja auch nicht immer sein, dachte ich. Ich glaube, ich hatte den Solargrill nicht ideal auf die eigentlich starke Sonne hin ausgerichtet.
Man war hier im Haus davon nicht so begeistert. Man aß nur ein, zwei Würstchen. Ich die restlichen 400 Gramm. Aus Überzeugung. Sie waren ja auch gar. Man darf doch nicht so schnell aufgeben, dachte ich. Und irgendwie, so durch die Hintertür, fädelte ich es dann ein. Ich konnte nochmals solarbratwursten, einige Tage später. Ergebnis: Die Würstchen waren irgendwann total braun. Ja!

Beim zweiten Mal klappt’s auch mit den Würstchen – na gut, sie waren halb verkohlt. Aber teils noch essbar, und selbst die TK-Kroketten waren warm und durch!
Frohe Kunde rufend trommelte ich alle im Haus zusammen; da aber noch nicht alle Zeit hatten, legte ich noch tiefgefrorene Kroketten obendrauf. Das war so eine solarthermische Mischkalkulation. Die Kroketten wurden tatsächlich auch noch gar und braun. Die Würstchen waren indes total knackig, aber leider etwas zu tief knackig, bis einen halben Zentimeter unter die Haut. Oben verbrannt, zu etwa einem Drittel, unten dagegen gut. Merke: Würstchen sind immer im Auge zu behalten und auch mal zu wenden.

Man nehme vier Eier, Kräutersalz, Käse, einen Hauch Tomatenmark – oder was immer man für eine leckere Eierspeise bevorzugt…
Im Grunde ist das totales Slow Food, und zwar konsequent. Versuchen, wieder versuchen, ein Gefühl bekommen. Wenn Sie einen solchen Solargrill wirklich in der Freizeit benutzen – beim Camping, beim Picknick – dann sitzen Sie ja sowieso daneben. Das macht dann Spaß. Dann können Sie ab und zu kontrollieren, wie weit das Ganze ist. Ich habe es während üblicher Bürotage getan – zwischen Start des Vorgangs und Kontrolle immer wieder gearbeitet, Mails beantwortet, telefoniert. Das ist ja auch etwas zu sportlich, was ich da versucht habe.
Dennoch. Solch ein Solarofen lässt sich sogar im Haus benutzen. Im Alltag. Warum nur unterwegs? Das klappt auch auf der heimischen Fensterbank – wenn es mit der Sonne passt.
Soweit war ich nach einigen Tagen. Da unser Garten am Vormittag Sonne hat, am Nachmittag dafür der Hauseingang Richtung Straße, hatte ich – nach einmaligem Garen in ungemütlicher Atmosphäre vor der Haustüre an der Straße – die Idee, den Solagrill am Nachmittag einfach innen auf die Fensterbank im Wohnzimmer zu stellen. Denn da haben wir zu dieser Tageszeit die pralle Sonne und dennoch Privatsphäre. Et voilà: Das war gar kein Problem. Perfektes Ergebnis, und die Nachbarn hatten etwas zu schauen. Ein UFO auf der Fensterbank. Wenn die wüssten, was das war!
Überhaupt bin ich mit der Zeit immer experimentierfreudiger geworden.

Ei, Käse Erbsen, Tomatenmark – Zutaten für eine Tortilla aus dem Solarofen. Ob das was wird?
Gut, die Ei-Käse-Mischung für die Tortilla hätte ich nicht ganz so großzügig einfüllen sollen. Denn was heißer wird, das dehnt sich aus. So nahm die Sauerei ihren Lauf. So floss dann erstmals der Zutatenmix einschließlich Rohei aus der Röhre auf den unteren Sonnenreflektor. Die Reinigung – vor allem der Glasröhre von innen – dauerte dann 30 Minuten.

Ganz wichtig ist die optimale Ausrichtung zur Sonne. Bei meiner Tortilla hat das genau gepasst – toll!
Aber, ehrlich, das alles demotiviert mich nicht. Ich mag meinen Solarofen/-grill. Weil er eben slow food verkörpert. Weil er Naturverbundenheit pur ist. Und weil ich auch irgendwie weiß, dass solche Produkte in Ländern, in denen sie wirklich gebraucht werden, viel mehr sind als Lifestyle und Luxus. Bei Wikipedia ist beispielsweise über Solarkocher zu lesen:
„Solarkocher können erhebliche soziale Auswirkungen in ärmeren Regionen haben. So entfällt in Gesellschaften, die ihre Nahrung traditionell mit gesammeltem Holz garen, der Zeitaufwand für die Brennmaterialbeschaffung. Die gewonnene Zeit kann nutzbringend für andere Aufgaben eingesetzt werden.“
Und die Tortilla war perfekt. Mit dem Schieber aus der schmalen Röhre genommen und festgestellt: Das ist wirklich gut geworden.

Tortilla aus dem Solarofen – die Mühe hat sich gelohnt!
Dann in kleine Teile geschnitten und frisch serviert. Toll!

Fertig ist die leckere Gemüsetortilla zum zweiten Frühstück
Für mich ist eine Speise, die ganz direkt und nur von Sonnenstrahlen und ohne irgendeine irdische Energiequelle durchgegart oder gar gegrillt wird, etwas ganz Besonderes. Führt es doch vor Augen, dass Energie direkt aus der Natur etwas anderes ist als die Debatte über Energiewende oder Energiepreise. Energie aus der Natur steht uns allen direkt zur Verfügung. Immer. Wenn wir genug Ideen haben.

Der Solargrill auf der Fensterbank, da haben die Nachbarn was zu gucken. Wichtig: NIE IN INNENRÄUMEN GRILLEN! Wir reden hier von einem Solargrill, in dem nichts brennt oder glüht und in dem es keine Flamme gibt. Benutzen Sie niemals einen normalen Grill innerhalb von geschlossenen Räumen. Lassen Sie niemals einen Grill innerhalb von Räumen abkühlen. Es droht Lebensgefahr.

Ich werde weiter mit meinem Solargrill experimentieren – der Fantasie sind mit dem Solarofen keine Grenzen gesetzt.
So wie der Jugendliche, der aus einem durch’s Grundstück fließenden Bach seine eigene Wasserkraft für’s Baumhaus gewinnt. Das finde ich auch klasse.

Bernhard Jodeleit ist Gastautor im Energiedienst-Blog. Er ist Gründer und Inhaber der Agentur Lots of Ways GmbH und unterstützt das Team als externer Berater.
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421€ kompensieren auf atmosfair.de 18.3 Tonnen CO2
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