Für den Klimaschutz fahren manche bereits weniger Auto, verzichten auf Flugreisen oder wählen Ökostromanbieter. Aber auch unsere Ernährungsgewohnheiten verstärken den Klimawandel – mehr als viele denken. Wir geben Tipps für eine klimafreundliche Ernährung.
Allein unsere Ernährung verursacht einen Anteil von zwölf bis 20 Prozent an den gesamten klimawirksamen Emissionen in Deutschland – zu diesem Schluss kommen verschiedene Untersuchungen der vergangenen Jahre. Die große Spannweite rührt daher, dass der Konsum von Nahrungsmitteln am Ende einer langen Wertschöpfungskette steht: Bevor unser Essen auf den Tisch kommt, wurde es angebaut und geerntet (pflanzlich) oder aufgezogen und verwertet (tierisch). Es wurde transportiert, verarbeitet, gelagert, verkauft, möglicherweise wieder gelagert und schließlich zubereitet.
All dies verursacht Emissionen: CO2 entsteht vor allem durch den Einsatz verschiedener Maschinen und Geräte, Methan stoßen besonders Wiederkäuer wie Kühe aus, Lachgas findet sich häufig in synthetischen Düngemitteln. Methan und Lachgas sind besonders schädlich für unser Klima, so wirkt Methan in der Atmosphäre etwa 21-mal stärker als CO2, Lachgas sogar 310-mal stärker.
1 Kilogramm Rindfleisch verursacht 14 Kilogramm CO2
Der klimaschädliche Einfluss unserer Essgewohnheiten ist vielen nicht bewusst – trotzdem überrascht es kaum, dass die Fleischproduktion mehr CO2 verursacht als der Gemüseanbau oder dass Bioprodukte klimafreundlicher sind als konventionelle Ware. Aber hättest Du gewusst, dass 1 Kilogramm Sahne fast acht Kilogramm CO2 verursacht und 1 Kilogramm Rindfleisch sogar 14 Kilogramm CO2? Und bist Du sicher, dass Bio immer besser fürs Klima ist?
Um ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie sich Klimaschutz und deine Ernährungsgewohnheiten besser vereinbaren lassen, lohnt ein Blick auf folgende Übersicht:
Lebensmittel (je 1 Kilogramm) | CO2-Äquivalente in Gramm (konventionell) | CO2-Äquivalente in Gramm (Bio) |
Butter | 23.794 | 22.089 |
Rindfleisch (TK) | 14.341 | 12.402 |
Sahne | 7.631 | 7.106 |
Pommes Frites (TK) | 5.728 | 5.568 |
Geflügel | 3.508 | 3.039 |
Eier | 1.931 | 1.542 |
Teigwaren | 919 | 770 |
Brot (Mischbrot) | 768 | 653 |
Gemüse (Konserve) | 511 | 479 |
Gemüse (frisch) | 153 | 130 |
Quelle: Öko-Institut
Fleisch und Molkereiprodukte sind besonders klimaschädlich
Forscher des Öko-Instituts haben die Klimabilanz verschiedener Lebensmittel berechnet. Die Daten zeigen, dass vor allem Fleisch und Molkereiprodukte eine schlechte Klimabilanz aufweisen. Zu diesem Ergebnis kommt auch der WWF: In seiner Studie „Klimawandel auf dem Teller“ errechneten die Wissenschaftler, dass tierische Produkte für etwa 70 Prozent der direkten Treibhausgasemissionen unserer Ernährung verantwortlich sind.
Heißt das, dass wir alle nun auf Butter und Rindfleisch verzichten sollen? „Das wäre zu kurz gedacht“, relativiert Dr. Melanie Speck, Co-Leiterin des Forschungsbereiches Produkt- und Konsumsysteme am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. „Die Klimabilanz der Lebensmittel muss im Verhältnis zu den tatsächlichen Verzehrmengen gesehen werden und die zeigen, dass wir im Alltag beispielsweise viel häufiger Schweine- und Geflügelfleisch als Rindfleisch essen. Statt also auf den sonntäglichen Rinderbraten zu verzichten, erreicht man mehr, wenn man unter der Woche die Fleischportionen durch Gemüse ersetzt und fettreiche Milchprodukte reduziert.“
CO2 reduzieren: Was ist eine klimafreundliche Ernährung?
Eine Orientierung für eine klimafreundliche Ernährung bieten die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Demnach sollte ein Erwachsener pro Tag 250 Gramm Obst, 400 Gramm Gemüse und 200-250 Gramm Milch(-produkte) verzehren. Außerdem sieht die DGE pro Woche 300-600 Gramm Fleisch- und Wursterzeugnisse sowie drei Eier vor. „Tatsächlich werden die DGE-Empfehlungen bei Obst- und Gemüse aber deutlich unterschritten, während bei Fleisch die doppelte Menge verzehrt wird“, weiß Dr. Melanie Speck. Wie stark sich unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten auf die Treibhausgasemissionen auswirken, zeigt folgende Grafik, die die durchschnittliche deutsche fleischbetonte Ernährung den DGE-Empfehlungen, der vegetarischen und der veganen Ernährung gegenübergestellt:
- Gemüse statt Fleisch: Jeder noch so kleine Schritt lohnt, denn die Fleischproduktion trägt in hohem Maße zum Klimawandel bei. Es gilt: Lieber ein Sonntagsbraten in Bio-Qualität als an sechs Werktagen viele kleine Fleisch- und Wurstportionen.
- Magerquark statt Butter: Fettarme Molkereiprodukte belasten das Klima geringer als fettreiche, zudem gibt es pflanzliche Alternativen.
- Bio statt konventionell: Zwar verbraucht die biologische Landwirtschaft mehr Fläche, dafür verzichtet sie auf synthetisch-chemische Dünger und aggressive Pflanzenschutzmittel.
- Saisonal statt Treibhaus: Saisonale Produkte wachsen ohne künstliche Wärmezufuhr im Freiland und belasten das Klima deutlich weniger.
- Regional statt global: Auch der Transportweg treibt die Klimabilanz in die Höhe, das gilt insbesondere bei Flugware.
- Frisch statt tiefgekühlt: Hier sind die Produktionsbedingungen der Klimatreiber: Gemüse aus der Gefriertruhe belastet unser Klima dreimal stärker als Frischware.
- Selbst kochen statt Fertigprodukte: Unverarbeitete Lebensmittel sind klimafreundlicher als verarbeitete.
- Planen statt Wegwerfen: Der WWF hat ausgerechnet, dass allein die Wegwerfmentalität der Deutschen so viele direkte Treibhausgase produziert wie ganz Slowenien.
- Lose statt abgepackt: Auch die Verpackung von Lebensmitteln treibt die Klimabilanz in die Höhe. Daher: Plastikverpackungen, wenn möglich vermeiden.
- Rad statt Auto: Dass es klimafreundlicher ist, mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zum Supermarkt zu fahren, leuchtet ein. Aber wer nicht gerade ein Lastenrad fährt, für den erweist sich das Rad als wenig alltagstauglich. Wenn schon das Auto, dann lieber ein Großeinkauf pro Woche statt mehrere kurze Fahrten zum Supermarkt.
Quellen: NABU/WWF
Mehr Aufmerksamkeit für klimafreundliche Produkte
Würde sich die Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland an der Checkliste orientieren, hätte dies einen deutlichen Einfluss auf den Klimawandel. Doch woran liegt es, dass viele zwar bereit sind, einen Teil zum Klimaschutz beizutragen, dabei aber nicht unbedingt die eigene Ernährung als Stellschraube sehen? „Das hat mehrere Gründe“, sagt Dr. Melanie Speck. „Klimafreundliche Produkte müssten stärker beworben werden, auch eine bessere Platzierung der Produkte in den Märkten ist sinnvoll. Hilfreich könnten auch unterschiedliche Steuersätze für besonders klimafreundliche bzw. klimaschädliche Produkte sein.“
Bio-Kartoffeln aus Ägypten oder konventionell angebaute aus der Region?
Ein gemeinsames Forschungsprojekt von Öko-Institut, WWF und Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hatte vor einigen Jahren auch die Einführung eines Klimalabels untersucht, um besonders klimaschädliche bzw. klimafreundliche Produkte auszuzeichnen. Denn oft stehen wir vor der Wahl: Bio-Kartoffeln aus Ägypten? Oder lieber Kartoffeln aus konventionellem Anbau, dafür aber aus der Region? Äpfel, die mit dem Flugzeug aus Neuseeland kommen? Oder der Apfel vom Bodensee, der zwar aus Deutschland stammt, aber vorher mehrere Monate im Kühlhaus lag? Der Rat von Dr. Melanie Speck: „Entscheidend sind die ,Big Points‘, also weniger Fleisch und weniger Milchprodukte.“ Der Einkauf biologischer Produkte habe häufig nur eine leicht verbesserte Klimabilanz, bringe aber andere Effekte mit sich, etwa im Bereich des Tierwohls, des Grundwasserschutzes oder dem Erhalt der Artenvielfalt.
Der CO2-Rechner des Umweltbundesamtes errechnet deine CO2-Bilanz im Alltag und speziell im Bereich Lebensmittel.
Das Institut für Energie und Umweltforschung (IFEU) unterstützt einen CO2-Rechner für Lebensmittel, der auch die CO2-Bilanz verschiedener Gerichte ermittelt: https://www.klimatarier.com/de/CO2_Rechner
Andrea Schorradt studierte Germanistik und Neue Geschichte an der Universität Essen-Duisburg, anschließend volontierte sie bei der Westdeutschen Zeitung. Seit 2011 ist sie als freiberufliche Redakteurin und Texterin sowie als Social-Media-Managerin tätig.
Liebe Frau Schorradt,
vielen Dank für diesen gut recherchierten Beitrag! In puncto Klimawandel muss sich in allen unseren Lebensbereichen etwas ändern, auch beim Essen. Dass das vielen Menschen schwer fällt, finde ich verständlich. Denn wir haben uns, zumindest in der westliche geprägten Welt- einen Ernährungsstil angewöhnt, der vor nicht allzu langer Zeit nur Königen und Superreichen vorbehalten war. Und das jeden Tag! Dass das beiträgt unseren Planeten zu zerstören, liegt irgendwie nahe. Auch ohne Zahlen, die das belegen, finde ich.
Ich empfehle jedem, z.B. Gemüse selbst anzubauen. Und sei es nur eine einzelne Tomatenpflanze auf dem Balkon. Dabei geht es nicht um individuelles Selbstversorgertum, sondern um das Bewusstwerden, wie viel Arbeit und Ressourcen es benötigt um Lebensmittel herzustellen.
Und wer das Glück hat, ältere Menschen aus der Kriegs- oder Nachkriegsgeneration zu kennen, sollte diese Menschen um Rat fragen. Ich kenne kaum jemanden, der so regional, saisonal und ressourcenschonend lebt wie unsere knapp 90-jährige Nachbarin.
Viele Grüße Simon
Hallo Simon,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Ihre Anregung geht glatt als Tipp Nummer 11 durch: Selbst anbauen statt kaufen. Denn ja, auch wenn es nur die Tomate auf dem Balkon oder die Radieschen auf der Fensterbank sind – allein das Bewusstsein über den Wachstums- und Ernteprozess kann dazu beitragen, dass wir sorgsamer mit unseren Lebensmitteln umgehen. In diesem Sinne viele Grüße, auch an Ihre Nachbarin!