Auch Mülltrennung und Recycling haben ihre Mythen. Joghurtbecher auswaschen oder nicht? Pizzakarton ins Altpapier? Und sind wir tatsächlich Recycling-Weltmeister? Was stimmt und welche Tipps direkt in die Tonne gehören.

Ein Sonntagabend auf der Couch. Es gibt Pizza zum Tatort. Doch noch bevor der erste Mord geschieht, werde ich abgelenkt: Wo entsorge ich eigentlich den Pizzakarton? Ein Blick auf mein Handy zeigt: Google spuckt mehr als 30.000 Antworten aus. Höchste Zeit, einen Experten zu Rate zu ziehen: Michael Broglin, Geschäftsführer der Abfallwirtschaft und Stadtreinigung Freiburg GmbH.

Michael Broglin weiß, wie wichtig richtige Mülltrennung ist.

Für Michael Broglin gehört richtige Mülltrennung zum Tagesgeschäft. Er ist Geschäftsführer der Abfallwirtschaft und Stadtreinigung Freiburg GmbH. Bild: Alex Dietrich

 

Herr Broglin, Sie müssen es wissen: Kommt der Pizzakarton in die Blaue Tonne oder in den Restmüll?

Michael Broglin: Darüber entscheidet der Zustand des Kartons: Ist er sauber, gehört er ins Altpapier (blaue oder grüne Tonne), ist er fettig und verklebt, dann bitte in den Restmüll.

 

Bedeutet das im Umkehrschluss, dass alles, was irgendwie verschmutzt ist, in den Restmüll gehört?

Michael Broglin: So ist es, in den Restmüll gehören verschmutzte Abfälle und alles, was sich nicht recyceln lässt, also unter anderem Kehricht oder verschmutzte Textilreste. Große Probleme bekommen wir als Verwerter, wenn zum Beispiel eine Windel im „Gelben Sack“ landet.

 

Okay, das mit der Verschmutzung habe ich nun verstanden. Was sind denn außerdem die häufigsten Fehler beim Mülltrennen?

Michael Broglin: Viele Menschen sind der Ansicht, dass alle Abfälle aus „Plastik“ in den gelben Sack gehören. Doch der gelbe Sack dient nur zur Sammlung von gebrauchten Verkaufsverpackungen. Kinderspielzeug oder alte Turnschuhe haben darin nichts verloren.

 

Die 8 häufigsten Fehler beim Mülltrennen

Wir Deutschen sammeln Flaschen und Altmetall, sortieren unseren Abfall in blaue, graue und braune Tonnen – und machen dennoch dabei jede Menge falsch. Wenn Du das nächste Mal vor einer Mülltonne stehst, solltest Du folgendes beachten:

1. Einkaufszettel gehören in den Restmüll, nicht in den Papiermüll.

2. Auch abbaubare Plastiktüten haben im Biomüll nichts zu suchen.

3. Porzellan und Bleikristallgläser gehören nicht in den Altglas-Container, sondern in den Restmüll.

4. Verschmutztes Backpapier kommt nicht in den Papiermüll, sondern in den Restmüll.

5. Joghurtbecher solltest Du nicht ineinander stapeln.

6. Benutzte Taschentücher gehören in den Restmüll, nicht in den Papiermüll.

7. Die Deckel von Glasbehältern gehören nicht in den Glascontainer, sondern in den Restmüll.

8. Joghurtbecher oder andere Lebensmittelverpackungen musst Du nicht ausspülen, bevor Du sie in den „Gelben Sack“ wirfst. Die Plastikverpackungen werden vor der Aufbereitung sowieso nochmal gewaschen.

 

Und wie entsorge ich alte Möbel, Elektrogeräte, Leuchtstofflampen, Korken oder CDs?

Michael Broglin: Diese Abfälle können Bürger*innen zu den städtischen Recyclinghöfen bringen. Die Annahme auf dem Recyclinghof ist kostenlos und der größte Teil dieser Wertstoffe kann wiederverwertet werden. Vor allem bei Energiesparlampen ist allerdings Vorsicht geboten: Die Lampen enthalten viele Schadstoffe – werfen Sie diese auf keinen Fall in den Restmüll. Die beiden Auslaufmodelle Glühbirne und Halogenlampe dürfen bedenkenlos im Restmüll entsorgt werden. Die darin enthaltenen Wertstoffe sind nur sehr gering.

Müll richtig trennen: was in welche Tonne gehört.

Müll richtig trennen: was in welche Tonne gehört. Bild: Energiedienst

 

Warum ist Mülltrennung überhaupt so wichtig?

Michael Broglin: Ganz einfach: Weil in unserem Müll wichtige Rohstoffe stecken. Durch das Recycling schützen wir die Umwelt – denn im Vergleich zur Herstellung von neuen Materialien werden Rohstoffe eingespart, der Energieverbrauch sinkt. Jede Tonne Recyclingplastik spart gegenüber Plastik aus Erdöl eine Tonne CO2. Damit wir möglichst viele Ressourcen sparen, setzen wir auf moderne Anlagen, die mit Infrarotdetektoren, Sieben und Magneten sogar dunkle von heller Pappe unterscheiden können.

Müllsortieranlagen können Abfall nicht so gut und sauber trennen wie die Menschen im Haushalt.

Müllsortieranlagen können Abfall nicht so gut und sauber trennen wie die Menschen im Haushalt. Bild Adobe Stock/hiv360

 

Wenn die Mülltrennung auf den Recyclinghöfen so gut funktioniert, warum muss ich überhaupt noch zu Hause trennen?

Michael Broglin: Je sorgfältiger die Abfälle schon zu Hause vorsortiert werden, desto leichter lassen sie sich recyceln. Kunststoffe und Aluminium würden unsortiert durch Essensreste, Staubsaugerbeutel oder Windeln verschmutzt. Papier muss für das Recycling trocken und sauber bleiben, was im Restmüll nicht möglich ist. Selbst unsere Sortieranlagen können nicht so gut und sauber trennen wie die Menschen im Haushalt.

 

Ziel der Mülltrennung: Monostoffströme

Je gründlicher wir nach einzelnen Materialarten trennen, desto besser können später einzelne Rohstoffe recycelt werden. Ziel der zugegeben manchmal etwas mühsamen Trennung ist es, einen Monostoffstrom zu erreichen. Im Gegensatz zum Mischstoffstrom, in dem die Materialien nicht sortenrein sind, werden beim Monostoffstrom alle Stoffe möglichst klar voneinander getrennt. Heißt konkret: In die leere Chipstüte vor dem Wegwerfen noch Taschentücher, Essensreste oder anderen Müll zu stopfen, ist keine gute Idee.

 

Wir Deutschen sind stolz auf unser Image als Recyclingweltmeister. Doch wie hoch ist die Recyclingquote in Deutschland tatsächlich?

Michael Broglin: Die Recyclingquote für Wertstoffe aus dem Hausmüll liegt bei 64 % (Stand: 2018). In Freiburg liegen wir etwas darüber, bei uns beträgt der Durchschnitt etwa 72 %. Damit befinden wir uns in Baden-Württemberg übrigens an der Spitze. Keine andere Stadt im Land erreicht diesen Wert.

 

Aber gilt nicht trotzdem der Grundsatz: Lieber Müll vermeiden als Müll recyceln?

Michael Broglin: Abfallvermeidung ist immer das oberste Ziel! Deshalb hat es auch der Gesetzgeber so festgelegt. Jeder Mensch sollte seine Konsumgewohnheiten prüfen – und nach Möglichkeit die Dinge weglassen, die müllintensiv sind. Dazu gehören Plastiktüten, Einweg-Kaffeebecher, To-go-Verpackungen oder Billigmöbel.

 

Wie Du Müll vermeidest, erfährst Du hier im Blog in den Beiträgen „Mit Zero Waste gegen die Verpackungsflut“ und „Vier Schritte zum plastikfreien Leben“

 

Gibt es auch Materialien, die fast gar nicht recycelt werden können?

Michael Broglin: Ja, besonders schlecht zu recyceln sind unter anderem Mischverpackungen.

 

Laut Abfallbilanz 2019 verursache ich als Freiburgerin jährlich 91 Kilogramm Restabfall. Damit liege ich 37 Kilo unter dem bundesweiten Durchschnitt. Woran liegt das – trennen wir Freiburgerinnen und Freiburger unseren Müll wirklich besser oder produzieren wir einfach weniger?

Michael Broglin: Beim Konsum unterscheiden sich Freiburger*innen nicht von Menschen in anderen Städten. Doch Freiburg hat schon 1986 die Abfalltrennung zur Pflicht gemacht, das war damals eine Pioniertat. Seit vielen Jahren ist das Sortieren auch in Kindergärten, Schulen und Betrieben selbstverständlich und sorgt in der Summe für ein geringeres Restmüllaufkommen.

 

Immer wieder höre ich Leute sagen: „Wofür den Müll trennen, am Ende wird doch eh alles zusammen geschmissen.“ Was antworten Sie diesen Menschen?

Michael Broglin: Vorurteile halten sich hartnäckig, leider. Der Schutz unserer Ressourcen gebietet es, dass wir möglichst viele Dinge recyceln. Und deshalb verlangt das deutsche Abfallgesetz, dass alle recyclingfähigen Abfälle getrennt gesammelt werden müssen. Kein Entsorgungsbetrieb käme auf die Idee, unterschiedliche Abfälle „zusammenzuschmeißen“, denn er würde sich strafbar machen und damit seine Existenz aufs Spiel setzen.

Herr Broglin, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

 

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