Vor dem Haare waschen erstmal ein Stück Shampoo aufschäumen, statt einfach auf die Kunststoff-Tube zu drücken? Wer plastikfrei leben möchte, nimmt das gerne in Kauf. Übertrieben? Nicht unbedingt! 2050 schwimmt mehr Plastik im Meer als Fische – zumindest, wenn wir so viel Müll verursachen wie bisher. Das geht aus einer Studie der Ellen MacArthur Foundation hervor. Und trotzdem tun wir uns selbst mit einfachen Gegenmaßnahmen schwer: Noch immer verbrauchen die Deutschen pro Kopf jährlich rund 70 Plastiktüten.
Dabei gelingt der Transport mit Stofftaschen wie den Morsbags nicht nur genauso einfach, sondern sogar günstiger. Einen plastikfreien Einkauf garantiert auch das freilich noch lange nicht. Supermärkte, die auf Kunststoffverpackungen verzichten, finden sich bisher fast ausschließlich in Großstädten.
Die bequeme Alternative für alle anderen: Plastikfreie Online-Shops für Alltagsprodukte wie Deo, Seife, Zahnpasta, Rasierer, Gemüsebeutel und sogar Balkonkästen. Bei monomeer.de durften wir uns für einen Selbstversuch drei Testprodukte aussuchen.
Die Zahnbürste

Der plastikfreie Bürstenkopf ist deutlich kleiner als sein herkömmliches Pendant. Die Reinigung dauert länger, die Ergebnisse fühlen sich aber sehr gut an.
Ihr Griff besteht aus einer kompostierbaren Holzfaser-Spritzgussmasse, ihr Kopf aus Miswak-Holz. Strom benötigt sie ebenso wenig wie Wasser oder Zahnpasta. Angesichts meiner – vom Zahnarzt empfohlenen – elektrischen Zahnbürste mit 9.000 Rotationen pro Minute bin ich gegenüber der plastikfreien Variante skeptisch. Zumal ihr Kopf nach Augenmaß höchstens ein Viertel der Größe eines herkömmlichen Modells misst.
Es heißt also: Geduld beweisen und präzise Zahn für Zahn putzen. Das Ergebnis überrascht: Die Zahnflächen fühlen sich angenehm glatt an. Spüren kann ich den Unterschied zu einer elektrischen Zahnbürste jedenfalls nicht. Der Hersteller verspricht sogar bessere Ergebnisse und weniger Schäden am Zahn.
Allerdings vermisse ich ohne Zahnpasta den frischen Geschmack im Mund. Dafür hat monomeer kleine Zahnputztabletten in einem Papiertütchen mitgeschickt. Wer sie vor dem Zähneputzen zerkaut, erzielt damit einen ähnlichen Effekt wie mit Zahncreme. Fühlt sich ungewohnt an, kostet etwas Zeit, klappt aber tatsächlich und schmeckt minzig-frisch.
Fazit: für Geduldige durchaus eine Alternative. Die Bürste kostet knapp 11 Euro, alle vier bis acht Wochen muss der Kopf getauscht werden. Ersatzköpfe sind für drei Euro pro Stück erhältlich.
Das Haar-Shampoo

Wäscht die Haare genauso gut wie herkömmliches Shampoo, macht sie aber nicht geschmeidig: Bio-Pflanzenölseife.
Sie sieht aus wie ein Stück Seife für die Hände, kann aber als Shampoo benutzt werden. Die Bestandteile der Shampooseife: Bio-Pflanzenöle, ätherische Öle, getrocknete Kräuter aus biologischem Anbau, Wasser und Natronlauge.
Als erstes fällt mir der starke Lavendel-Geruch auf. Zu stark für meinen Geschmack.
Eine Kollegin freut sich dagegen über die Test-Möglichkeit. Ihr Fazit fällt dann nicht mehr so begeistert aus: Gerade für lange Haare benötigt das Aufschäumen sehr viel Zeit. Außerdem fühlt sich das Haar nach der Wäsche nicht besonders geschmeidig an, sondern eher wie die Hände nach dem Einsatz von Kernseife.
Hier erzielt gewöhnliches Shampoo ohne Silikone bessere Ergebnisse. Auch der Lavendelduft ist schnell verflogen. Der Wascheffekt dagegen steht herkömmlichem Shampoo in nichts nach.
Fazit: Vielleicht benötigt es etwas Zeit, um sich von den Drogerie-Produkten umzugewöhnen. Auf Anhieb überzeugen konnte das Naturshampoo für 9,90 Euro allerdings nicht.
Das Frischhaltetuch
Entweder sie reißt in Fetzen, dehnt sich unendlich oder verklebt sofort mit sich selbst. Frischhaltefolie kann ganz schön nerven. Neben der Lösung dieses Luxusproblems versprechen Frischhaltetücher aus Hanf und Bio-Baumwolle eine antibakterielle Wirkung.
Getränkt sind sie mit Bienenwachs, Baumharz und Jojobaöl. Durch die Wärme der Finger wird die zunächst feste Struktur formbar und lässt sich um Schüsseln oder Lebensmittel wickeln.
Vorteil: Das Tuch verklebt nur dann mit sich selbst, wenn man es auch wirklich möchte.
Ein damit abgedeckter Auflauf erweist sich einen Tag später als genauso frisch, als wäre er mit Folie abgedeckt worden. Die Oberseite des Tuchs ist trocken, während sich unten die Feuchtigkeit angesammelt hat. Einmal unter etwas kaltem Wasser abgespült, lässt sich das Tuch wiederverwenden – ungefähr ein Jahr lang.
Kleiner Nachteil: Auch nach der Reinigung riecht das Tuch noch deutlich nach Nudelauflauf. Am besten also mehrere Tücher für unterschiedliche Einsatzzwecke vorhalten.
Fazit: Das plastikfreie Frischhaltetuch vermeidet Müll, lässt sich deutlich besser handhaben als Frischhaltefolie und eignet sich zum Abdecken oder Einwickeln und sogar zum Einfrieren. Ein Set mit drei verschiedenen Größen kostet knapp 17 Euro.

Wer eine Zwiebel einwickeln will, braucht nicht unbedingt ein XL-Tuch. Es gibt auch kleinere Varianten.
Verpackung und Transport
Schlicht, einfach zu öffnen, ohne überflüssige Materialien: Frischhaltetücher und Zahnbürste befinden sich in Pappschachteln, das Shampoo ist lediglich in Papier eingewickelt.
Auch beim Karton zeigt sich monomeer.de konsequent und verzichtet auf Plastikklebeband. Der Versand erfolgt klimaneutral: anfallende CO2-Emissionen werden durch Klimaschutzprojekte ausgeglichen.
Gesamt-Fazit
Auch wenn das Haarshampoo nicht ganz überzeugen konnte: An plastikfreien und alltagstauglichen Alternativen mangelt es offensichtlich nicht.
Die Einschränkungen liegen im Detail: Mangels regionaler Alternativen werden die Frischhaltetücher zurzeit aus Kanada importiert. Auch der Weg vom Shop zum Kunden erfolgt durch Ausgleichsmaßnahmen lediglich rechnerisch klimaneutral.
Solange es keine Vor-Ort-Alternativen gibt, lohnt sich ein Blick auf die Online-Sortimente dennoch: Fast jeder dürfte dabei auf das ein oder andere Produkt stoßen, das plastikfrei mindestens genauso gut einsetzbar ist.
Und möglicherweise führt die Nachfrage dazu, dass nachhaltige Produkte wie die Frischhaltetücher eines Tages regional produziert und verkauft werden.
Beim Einkauf von Obst oder Gemüse haben wir es beim Einkauf auf lokalen Wochenmärkten ohnehin selbst in der Hand.

Steffen Heritsch ist Gastautor im Energiedienst-Blog. Er arbeitet als Redakteur für Energiethemen und Projektleiter bei der Trurnit-Gruppe in Stuttgart, technikbeistert und Pedelec-Fahrer.
„2050 schwimmt mehr Plastik im Meer als Fische – zumindest, wenn wir so viel Müll verursachen wie bisher.“
Verstehe ich das richtig, dass der Plastikmüll der von mir Zuhause getrennt und von der Abfallwirtschaft ordnungsgemäß abgeholt wird ins Meer geschmissen wird?
Der sichtbare Plastikmüll stammt vor allem von wilden Müllkippen oder Schiffen, die Abfälle im Meer „entsorgen“. Aber auch das, was wir über unser Trennsystem sortieren, wird nicht vollständig wiederverwertet. Ein großer Teil landet in Verbrennungsanlagen. Im Meer – so hoffe ich zumindest – kommt nichts davon direkt an.
Aber selbst wenn die Verpackung von Duschgel, Zahnpasta und Co. ordnungsgemäß entsorgt wird, kann tatsächlich Plastik ins Meer gelangen. Viele Kosmetikprodukte enthalten winzige „Plastik-Kügelchen“, um den Reinigungseffekt zu verstärken. Über das Abwasser landen sie letztendlich im Meer. Der WWF warnt zum Beispiel, dass die Teilchen durch den Verzehr von Fischen wieder in den Organismus der Menschen gelangen können. Wobei noch ungeklärt ist, was sie dort anrichten.
Einen interessanten Überblick bietet dieses PDF: http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Infografik_Muell_im_Meer.pdf
Danke für diesen ehrlichen und aufschlussreichen Bericht!
Die Suche nach plastikfreien Alternativen ist in der Tat aufwendig und oft auch mit Kompromissen verbunden. Wenn man aber die Folgen des ausufernden Plastikkonsums für unsere Umwelt und Gesundheit bedenkt, nimmt man das in Kauf.
Es freut mich zu sehen, dass immer mehr Produkte ohne Plastik auf den Markt kommen und die Produkte sich langsam aber merklich weiterentwickeln!