Wenn das Elektroauto zu einer Extrarunde einlädt

„Schatz, das Licht brennt noch!“
„Macht nichts, wir haben doch LED-Leuchten.“

Kommt Ihnen dieser Dialog bekannt vor? Dann haben vielleicht auch Sie noch nichts vom „Rebound-Effekt gehört. Er besagt, dass mit einer höheren Energieeffizienz auch eine höhere Nachfrage nach Öl und Strom einhergeht.

Die Energieeffizienz ist ein zentraler Bestandteil der Energiewende. Fassaden dämmen, Fenster tauschen, sparsamere Autos kaufen – mit über 17 Milliarden Euro fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Verbraucher, Unternehmen und Kommunen bei ihren Maßnahmen für mehr Energieeffizienz.

Das zentrale Steuerungsinstrument für die Energieeffizienzpolitik in Deutschland ist der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE). Er definiert die strategische Ausrichtung der Effizienzpolitik.

Wenn Theorie und Praxis getrennte Wege gehen

Was sich in der Theorie gut anhört, hat in der Praxis einen Haken: den Rebound-Effekt!

Wenn die neue Leuchte sparsamer ist, kann sie ja ruhig etwas länger brennen. Kennen wir ein ähnliches Phänomen nicht alle vom guten alten Telefon? Wo früher eifrig Einheiten gezählt wurden, sind im Zeitalter der Flatrates Gesprächsminuten kein Thema mehr.

Erinnern Sie sich noch, wie einst das Wählscheibentelefon mit einem Schloss vor dauertelefonierenden Teenies gesichert wurde?

Und war das beim Internet nicht auch so? Hatten Sie nicht auch ständig ein Auge auf die Uhr, kaum dass der Telefonhörer im Akustikkoppler steckte? Und heute? (Den jüngeren Lesern sei in John Badhams Film „Wargames“ aus dem Jahre 1983 als Anschauungsmaterial empfohlen.)

Rebound_Telefon

Wenn das Auto die Umwelt rettet

Klar fährt man mit dem neuen sparsamen Auto etwas mehr, es verbraucht doch so wenig.

Und wer dann noch aufs Elektroauto umsteigt, hört unterwegs schon fast die Bäume wachsen.

Ein tolles Statussymbol ist der elektrische Sportwagen ohnehin. Eine Untersuchung des Tokyo Institute of Technology belegte 2011, dass die Käufer umweltfreundlicher Hybridmodelle mit ihren Neuerwerbungen rund 1,6-mal mehr Kilometer gefahren sind als zuvor mit der alten Bezinkutsche.

Wenn der Flachmann die Steckdosenleiste in den Ruhestand schickt

Der neue LED-Fernseher hat so einen geringen Stand-by-Verbrauch, dass die Steckdosenleiste mit Schalter in den Keller wandert. War ja auch irgendwie umständlich.

Und überhaupt verbraucht der moderne Flachmann im Betrieb so wenig, da kann man ihn guten Gewissens mal laufen lassen.

Wen stört es schon, wenn Horst Lichter mit seinen Späßchen nachmittags die leere Stube unterhält? Früher hat man die Glotze ausgeschaltet, wenn man seine Ruhe haben wollte, heute schließt man einfach die Türe. Die Zeiten ändern sich.

Wenn die Heizung den Urlaub finanziert

Richtig bezahlt gemacht hat sich die neue Heizung. Eine Förderung gab es obendrein, schließlich spart sie jede Menge wertvolle Energie und schützt damit das Klima.

Vom gesparten Geld springt schon bald ein Kurztrip mit dem Billigflieger raus. Flugabgase in den oberen Schichten der Atmosphäre gibt es gratis dazu.

So steigt mit der Energieeffizienz der Konsum und mit ihm der Energieverbrauch. Die erwarteten Einsparungen werden daher meist nur zum Teil erreicht.

Das heißt selbstverständlich nicht, dass Effizienzmaßnahmen überflüssig oder gar schädlich sind. Meist bringen sie aber weniger als erhofft. Darüber sollte man sich im Klaren sein.

Rebound_Haushaltsgeraete

Wenn Fernseher und Kühlschränke wachsen

Haushaltsgeräte sind seit Mitte der 80er Jahre um rund 40 Prozent energieeffizienter geworden, der Stromverbrauch hat im gleichen Zeitraum jedoch um über 20 Prozent zugelegt. Immer mehr elektrisch betriebene Helferlein machen einen großen Teil der Energieeinsparungen zunichte.

Im gleichen Maße wie der Kühlschrank sparsamer wurde, wuchs er in seinen Abmessungen.

Die bis vor wenigen Jahren nur aus Hollywoodfilmen bekannten Eiswürfelmaschinen sind heute schon fast Standard.

Die Bildschirmdiagonalen der LED-Fernseher wachsen mit jeder Generation.

Auch der Kraftstoffverbrauch ist gestiegen, obwohl moderne PKW-Motoren fortwährend effizienter werden. Im Gegenzug rollen dafür zunehmend leistungsstärkere Modelle aus den Autohäusern.

Doch man ist dem Rebound-Effekt nicht völlig ausgeliefert. Wer seinen Energieverbrauch kritisch analysiert und sein Verhalten entsprechend anpasst, wird ihm nicht in die Falle tappen. Als Argument gegen das Energiesparen sollte der Rebound-Effekt nicht ins Feld geführt werden.

Wer bei der Anschaffung energiesparender Geräte das Energiesparen nicht vergisst, ist auf der sicheren Seite. Hier sind wir alle gefordert.

Über die Größe des Rebound-Effekts lässt sich trefflich streiten. Wegdiskutieren kann man ihn aber nicht. Fest steht, dass Kostensenkungen durch Effizienzsteigerungen häufig zu einem geänderten Nutzerverhalten führen. Im Auftrag der Europäischen Kommission wurde 2012 eine Studie http://ecologic.eu/de/4623 zum direkten Rebound-Effekt durchgeführt, die seine Größe zwischen 10 bis 30 Prozent verortet. Der direkte Effekt bezieht sich auf dasselbe Produkt, beispielsweise den größeren Kühlschrank oder die längere Brenndauer einer Leuchte. Eine Studie des „Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie“ http://www.santarius.de/wp-content/uploads/2012/03/Der-Rebound-Effekt-2012.pdf kommt für den gesamtwirtschaftlichen Effekt ebenfalls 2012 auf einen Wert von mindestens 50 Prozent.

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