Es war nicht leicht, für diesen Selbstversuch einen kaputten Gegenstand oder ein Gerät aufzutreiben. Was in unserem Haushalt den Geist aufgibt, geht entweder noch selbst zu reparieren oder landet auf dem Recyclinghof.
Eine Kollegin ‚spendete‘ schließlich einen alten VHS-Video-Rekorder, der nicht mehr so richtig abspielen wollte und inzwischen schon viele Jahre ein trauriges Kellerleben führt. Doch trennen wollte sie sich trotzdem noch nicht von ihm. Schließlich gibt es da eine große Videokassetten-Sammlung.
Und vielleicht kann er doch noch repariert werden. Auf den Versuch kommt es an …
Nicht wegwerfen, sondern reparieren
Das Konzept der Reparatur-Cafés, die im letzten Jahr in vielen Städten entstanden sind, ist simpel: Ehrenamtliche Helfer und Hobby-Tüftler unterstützen die Besucher dabei, ihre kaputten Besitztümer wieder in Schuss zu bringen.
Ganz egal, ob es sich um ein kaputtes Fahrrad oder Spielzeug, einen wackeligen Stuhl oder eine streikende Kaffeemaschine handelt.
Die Idee dahinter ist offensichtlich: Reparieren statt Wegwerfen und dadurch Abfall vermeiden und wertvolle Ressourcen sparen. Eben ein Zeichen gegen die Wegwerfmentalität unserer heutigen Gesellschaft.
Mein Selbstversuch
Um 10 Uhr sollte das Repair-Café im Kulturzentrum Kesslhaus in Weil am Rhein öffnen.
Es regnete leicht und etwas verloren stand ich mit meiner schweren Tasche im leeren Hof des Kulturzentrums. Weit und breit kein Mensch. Ein kleines Schild an einer Tür sagte mir aber das ich richtig bin. Bin ich etwa die einzige hier?
Beim Eintreten bekomm ich einen Schreck … vor mir ein Saal mit circa 30 Leuten, die über Tischen gebeugt an Geräten schrauben, basteln oder quatschen …
Am Eingang werde ich in Empfang genommen und bekomme den Ablauf erklärt. Ich bin heute schon die Nr. 25. Das hätte ich nie erwartet …
Acht Experten stehen am heutigen Tag parat und freuen sich, dass ihr Können gefragt ist und sie hoffentlich viele kaputte Dinge reparieren können.
So steckten gleich drei Tüftler Ihren Kopf in meinen Video-Recorder, als ich an der Reihe bin und versuchen heraus zu finden, warum er nicht tut, was er tun soll.
Das Gehäuse wurde auseinander geschraubt und eine große Leiterplatte und viele Antriebe mit Gummiriemchen sind sichtbar. Gemeinsam versuchte man die Funktionsweise herauszufinden.
Eine Kassette wurde eingeschoben und Play gedrückt. Nichts geht … vor spulen geht sehr langsam und holprig, zurück spulen geht gar nicht. Was nun??
Die Fachmänner versuchen nun mit Fingergefühl einzelne Antriebe zu bewegen und zu reinigen beziehungsweise auszutricksen, um herauszufinden, was das eigentliche Problem ist. Ist die Antriebsrolle oder der Anpressdruck am Kopf zu schwach? Oder löst die Bandbremse nicht?
Immer wieder Kassette einschieben und testen. Nach einer Stunde sind zwei der Herren immer noch dran.
Aufgeben gibt’s nicht! Inzwischen funktioniert die Play-Funktion und der Vorlauf. Aber beim zurück spulen gibt’s den berühmten Bandsalat. Es hat also keinen Zweck, irgendwann muss man aufgeben.
Experten und Ihre Patienten
Eigentlich sollten die Besucher bei der Reparatur fleißig mithelfen; doch bei Elektronik ist das nicht ganz so einfach möglich.
An den Nebentischen wird gerade der Lautsprecher eines Keyboards repariert sowie eine Kaffeemaschine, eine Personenwaage und ein Handmixer zerlegt.
Ein weiterer Kaffeeautomat konnte vorher erfolgreich zum Laufen gebracht werden, während ein Kollege vor einem Flachbildfernseher kapitulieren musste.
Sobald Ersatzteile nötig sind, wird es schwierig. Diese sind meist so teuer wie ein neues Gerät oder gar nicht (mehr) erhältlich.
In der ‚Warteschlange‘ befinden sich außerdem noch ein Dampfbügeleisen, ein Tischgrill, diverse Küchenmaschinen, eine Kamera, eine Stereoanlage und ein Plattenspieler. Zum Schluss kam auch noch ein kaputter Teddy vorbei.
Aus und vorbei!
Schade, dass die Reparatur nicht geklappt hat. Aber immerhin: Es war einen Versuch wert.
So wie die meisten Besucher hatte ich Spaß an der Aktion. Die Atmosphäre im Repair-Café ist locker. Man plaudert mit seinen Nachbarn oder: ein kleiner Austausch mit dem Nachbarn was sie so tolles zum Reparieren dabei haben und trinkt gemeinsam Kaffee und isst Kuchen.
Und wer gerade nichts zu tun hat, schaut den anderen über die Schulter und gibt Ratschläge.
Als ich um halb zwei gehen wollte, wurden bereits 56 Geräte zur Reparatur angenommen. Frau Merstetter, Mitorganisatorin des Repair-Cafés, erzählte mir noch, dass in 2014 insgesamt 328 Geräte angenommen und 176 davon erfolgreich repariert werden konnten. Das ist eine Erfolgsquote von über 50%, auf die Sie sehr stolz sind.
„Aber man muss realistisch bleiben: Man kriegt nicht alles wieder hin. Aber auf jeden Fall ist es spannend und alle haben Spaß dabei“.
Die heutige Miniaturisierung führt dazu, dass viele Komponenten nur noch mit Spezialwerkzeug auszutauschen sind – oder gar nicht mehr. Moderne Handys, Tablets und Nespresso-Maschinen lassen sich gar nicht mehr öffnen.
Ich bekomme den Eindruck, je älter das Gerät und je weniger Elektronik, desto besser die Chancen, es reparieren zu können.
Der Lohn der Arbeit sind hoffentlich viele reparierte Geräte … und eine kleine Spende, denn das Repair-Café wird ehrenamtlich geführt und die Reparaturen sind kostenlos.
Inklusive sind auch die vielen netten Leute, eine sehr angenehme Atmosphäre sowie Kaffee und Kuchen, mit denen sich die Besucher die Wartezeit vertreiben können. Aber viele wollen auch wissen, wie die Reparatur funktioniert oder selbst mit anfassen (Hilfe zur Selbsthilfe).
Kein Wunder, dass viele Besucher zu Wiederholungstätern werden.
Was ist nachhaltig & reparaturfreundlich?
Beim Kauf eines Gerätes solltem Sie deshalb neben der Funktion und dem Stromverbrauch auch auf die Reparaturfreundlichkeit achten.
Ob ein Gerät mit Schrauben verschraubt oder komplett eingeschweißt ist, entscheidet schon im ersten Schritt, ob eine Reparatur überhaupt möglich ist.
Viele Haushaltsgeräte sind heutzutage leider eingeschweißt und das Öffnen des Gehäuses ist nur noch zerstörend möglich …
Auch die VHS Rheinfelden bietet ein Repair-Café an: www.vhs-rheinfelden.de
Zu den verschiedenen Terminen sind stets unterschiedliche Experten vor Ort. Detailinformationen erhält man vorab im VHS-Sekretariat bzw. bei den angegebenen Kontakt-Personen.

Claudia Frenzel, Umwelt- und Krisenmanagement: „Ich bin verantwortlich für das Umweltmanagementsystem, das heißt ich koordiniere viele umweltrelevante Aktivitäten in den Unternehmensbereichen und erstelle zusammen mit den Kollegen die Vorgabedokumente (zum Beispiel Arbeitsanweisungen). Das System soll sich kontinuierlich verbessern, unter anderem durch neue Umweltziele und Aktionen, aber auch durch Standortbegehungen und interne Audits.“
Guten Tag,
bin Kunde beim Energiedienst. War auch Gast beim „repair-cafe“ in Weil.
Frau Claudia Frenzel: Falls Sie den Video Recorder vollständig repariert haben
möchten, hätte ich Ihnen eine Adresse.
M.f.G.
Siegfried Homberger
Die Idee finde ich prima; warum einfach alles wegwerfen, wenn man es eventuell noch reparieren kann? Ich hätte noch zwei alte Grundig-Radios, die auch nicht mehr das machen, was sie sollen, nur leider bin ich aus der Gegend von Donaueschingen, d.h. eine Fahr nach Weil lohnt sich nicht. Gibt es hier in der Nähe nicht auch so ein originelles Cafe?
mfG
R.Glunz
Hallo Frau Glunz,
die Termine von Repair-Cafés in Südbaden finden Sie hier:
http://www.energiedienst.de/cms/ed-vor-ort/uebersicht_naturkunde/termine-repair-cafe.php
Viele Grüße
Alexia Weisser
„Reparatur? Aber sicher!“ – Unter dieser Überschrift weisen wir in unserer Kundenzeitschrift NaturKunde darauf hin, dass insbesondere bei elektronischen Defekten die Reparatur durch einen Fachmann der Elektroinnung ratsam ist. Verursachen reparierte Geräte nämlich einen Schaden, springt die Versicherung nur ein, wenn zuvor nach DIN-Norm geprüft wurde. Dabei sollten Sie die Kosten im Blick behalten: Was kostet die Reparatur voraussichtlich und wie viel Energie würde ein neues Gerät sparen?