„Wir machen Retrofit im Kleinkraftwerk, das ist eine Maßnahme für unser Umweltprogramm“, wurde mir mitgeteilt…
Retrofit? Noch nie gehört, was soll das denn sein? Aber ich getraue mich nicht zu fragen. Weiß ich das nur nicht, weil ich ‚branchenfremd‘ bin?
Aber ein Blick in die Gesichter der Kollegen, die ich gewagt habe zu fragen, sagte mir, dass sie nicht schlauer sind als ich…
Retro ist ja eigentlich bekannt und grad absolut im Trend… 60er Jahre Mode, Stoffe in schrillen Farben und Mustern, Alltagsgegenstände aus bunten Kunststoff… eben etwas aus der Vergangenheit, die Wiederentdeckung vergangener Trends.
Aber was hat das mit unseren Kraftwerken zu tun? Eröffnen wir ein historisches Museum? Lassen wir es uns vom Bereichsleiter kleine Wasserkraft Rolf Hezel erklären:
Wasserkraft ist eine saubere, erneuerbare Energie, doch ihr weiterer Ausbau scheint aufgrund der natürlichen Gegebenheiten der Flüsse limitiert. Ist somit der maximale Anteil des Stroms aus Wasserkraft am deutschen Strommix und das Ende der Wachstums-Chancen von Energiedienst erreicht?
Retrofit bedeutet nichts anderes, als unsere älteren Kraftwerksanlagen soweit wie möglich mit neuer und effizienter Technik auszustatten. Für bestehende Anlagen ist ein Retrofit oft sinnvoller als ein Ersatz durch Neubau.
Durch den Austausch von veralteten Komponenten und dem Hinzufügen von neuen, technologischen Weiterentwicklungen werden bestehende Anlagen wieder auf den neuesten Stand gebracht, verbunden mit einer Erhöhung des Wirkungsgrads und einer deutlichen Verlängerung der Nutzungsdauer.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil liegt darin, dass die Anlage modernisiert und leistungsstärker gemacht wird, ohne die deutlich höheren Investitionskosten für eine Neuanlage. Das Gebäude und die Grundsubstanz der Maschinen bleiben im Wesentlichen erhalten.
Es erfolgt kein erneuter Eingriff in die Umwelt und dadurch ist auch kein neues und langwieriges Genehmigungsverfahren erforderlich. Das ist eine 100%ige Win-Win Situation.
Derzeit wird an dem Retrofit für die Kleinkraftwerke Mambach, Gündenhausen und Hottingen gearbeitet. Alle drei Kraftwerksanlagen sind wahre „Oldtimer“ mit teilweise weit über 100 Jahren Betriebsdauer (Mambach ging 1898 in Betrieb).
Die Maschinentechnik ist einzigartig… aber nicht mehr zeitgemäß. Es gibt keinerlei Ersatzteile und der Betriebsaufwand ist erheblich. Wie bei einem alten Auto, ist auch hier der Unterhalt mit hohem manuellem Aufwand verbunden, es muss viel gewartet, geschmiert, kontrolliert und improvisiert werden.
Geplant sind grundlegende technische Umbauten und ökologische Verbesserungen.
Die Ausschreibungen laufen bereits und an zwei Anlagen sollen die ökologischen Maßnahmen dieses Jahr beginnen. Der Umbau der Maschinentechnik kann aufgrund der langen Lieferzeiten voraussichtlich erst 2015 gestartet werden.
Folgende ökologische Maßnahmen sind geplant:
- Erhöhung der Restwassermenge in den Ausleitungsstrecken
- Umbau des Recheneinlaufs mit Abspülrinne
- Verbesserung der Durchgängigkeit durch Anbindung bisher abgetrennter Gewässer
- Ermöglichung des Fischabstiegs
Überarbeitung der technischen Anlagen:
- Erneuerung der kompletten Maschinensätze in Mambach und Hottingen
- Generalüberholung der Maschinentechnik in Gündenhausen
- Sanierung und Erneuerung des Stahlwasserbaus und der Rechenanlagen
- Minimierung von Strömungsverlusten
- Erneuerung und Optimierung der Laufräder
Also doch Retro… wir nutzen die alten Anlagen, Grundgedanken und Fundamente, kombinieren sie mit zeitgemäßen Techniken und machen was ganz Neues und Modernes daraus. Dabei wird die vorhandene Wassermenge viel besser genutzt, was zu einer deutlichen Leistungs- und Produktionssteigerung führt.
Es wird geschätzt, dass mit den drei geplanten Retrofit-Maßnahmen mehr als zwei Millionen Kilowattstunden Stromproduktion zusätzlich erzielt werden kann.
Das ist sauberer und erneuerbarer Strom für über 500 Haushalte, produziert direkt vor unserer Haustür im wunderschönen Wiesental.

Claudia Frenzel, Umwelt- und Krisenmanagement: „Ich bin verantwortlich für das Umweltmanagementsystem, das heißt ich koordiniere viele umweltrelevante Aktivitäten in den Unternehmensbereichen und erstelle zusammen mit den Kollegen die Vorgabedokumente (zum Beispiel Arbeitsanweisungen). Das System soll sich kontinuierlich verbessern, unter anderem durch neue Umweltziele und Aktionen, aber auch durch Standortbegehungen und interne Audits.“