Bild: Aufbau und Funktion Supraleitende magnetische Energiespeicher (SMES)
Quelle: EnergieAgentur.NRW
Supraleitende magnetische Energiespeicher fristen Nischendasein
Ohne Energiespeicher keine Energiewende. Der Umstieg von konventionellen Energieträgern auf volatile erneuerbare Energien kann nur gelingen, wenn Energiespeicher diese grundlastfähig machen.
Da bei den Erneuerbaren Erzeugung und Verbrauch zeitlich nur selten übereinstimmen, müssen Speicher die Versorgungssicherheit garantieren. Geforscht wird an vielen Fronten: Elektrische, elektrochemische, chemische, mechanische und thermische Energiespeicher versprechen ein breites Anwendungsspektrum.
Die verschiedenen Energiespeicher unterscheiden sich sowohl hinsichtlich Speicherdauer als auch Speicherkapazität. Viele Speichertechnologien sind noch weit von der notwendigen technischen Reife entfernt.
So arbeiten beispielsweise die Batterieforscher an der Optimierung der Speicherdichte und der Zyklenzahl. Während die Speicherdichte die speicherbare Energie je Volumen bzw. Masse angibt, bestimmt die Zyklenzahl die Anzahl der möglichen Ladevorgänge. Hier sind in den nächsten Jahren wesentliche Fortschritte zu erwarten.
Aber es gibt auch ausgereifte Speichertechnologien: Bei supraleitenden Spulen wird es voraussichtlich keine großen Verbesserungen mehr geben. Ihre technologische Entwicklung ist nahezu abgeschlossen, indes der Bedarf scheint zu fehlen.
Dabei punkten die supraleitenden magnetischen Energiespeicher mit einigen Vorzügen: Durch ihre extrem kurzen Ansprechzeiten im Bereich von Millisekunden beim Laden und Entladen können sie die gespeicherte Energie sehr kurzfristig zur Verfügung stellen, wobei Voll- und Teilentladungen möglich sind. Damit sind sie ideal zur Sicherung der Netzstabilität geeignet sowie zur Verwendung für eine unterbrechungsfreie Stromversorgung, etwa für medizinische Geräte in Krankenhäusern.
Da der elektrische Widerstand in der supraleitenden Spule gegen Null geht, weisen die SMES lediglich bei der Umwandlung des gespeicherten Gleichstroms in Wechselstrom geringe Energieverluste auf. Damit werden Wirkungsgrade von mehr als 95 Prozent erreicht.
Die Spulen lassen sich ohne Alterungseffekte beliebig oft laden und sind ökologisch unbedenklich. Da sie ohne bewegliche Teile auskommen, sind sie besonders wartungsarm.
Bei einer Spule wird die Energie in einem Magnetfeld gespeichert, das ein in der Spule kreisender Gleichstrom erzeugt. Der elektrische Widerstand der Spule bestimmt die Menge der gespeicherten Energie und die Speicherdauer.
Je geringer der Leitungswiderstand ist, umso länger kann die Energie gespeichert werden. Supraleitende Spulen können Energie daher nahezu beliebig lang speichern. Allerdings benötigt die Supraleitung sehr tiefe Temperaturen, was den Gesamtwirkungsgrad schmälert.
Für den Bau der Spulen können verschiedenen Materialien verwendet werden. Um Supraleitung zu erreichen, muss das Material unter die sogenannte jeweilige Sprungtemperatur abgekühlt werden. Diese kann je nach Material nahe beim absoluten Nullpunkt von minus 273,15 Grad Celsius liegen.
Bei Sprungtemperatur oberhalb minus 250 Grad Celsius spricht man von Hochtemperatursupraleitern, darunter von Tieftemperatursupraleitern.
Für die Kühlung wird in der Regel flüssiges Helium verwendet, Hochtemperatursupraleiter können teilweise auch mit flüssigem Stickstoff gekühlt werden. Die Kühlung führt zu Ruheverlusten von rund zehn Prozent pro Tag, weshalb sich SMES hauptsächlich als Kurzzeitspeicher anbieten.
Für die Energiespeicherung über einen längeren Zeitraum sind sie nicht geeignet. Der Kühlaufwand treibt dabei die Betriebskosten beachtlich in die Höhe.
Die Supraleitung wurde 1911 von Heike Kamerlingh erstmals entdeckt, der beobachtete, dass Quecksilber bei Temperaturen unterhalb von minus 269 Grad Celsius nahezu keinen elektrischen Widerstand mehr besitzt.
1913 erhielt der niederländische Wissenschaftler dafür den Nobelpreis für Physik. In den folgenden Jahren wurden zahlreiche weitere Supraleiter entdeckt. Heute sind weit mehr als tausend verschiedene Metalle, Legierungen und Halbleiter bekannt, die unterhalb ihrer Sprungtemperatur supraleitend werden.
Erst 1986 fanden jedoch Georg Bednorz und Alex Müller eine Verbindung aus Lanthan, Strontium, Kupfer und Sauerstoff, die bei einer wesentlich höheren Temperatur supraleitend wurde als die bis dahin bekannten Materialien: bei von minus 227 Grad Celsius.
Auch sie wurden für ihre Entdeckung mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Die erste SMES in Europa wurde vom Forschungszentrum Karlsruhe entwickelt und Ende der neunziger Jahre in einem Sägewerk im Albtal am Niederspannungsnetz der Badenwerk AG installiert.
Sie hat eine Speicherkapazität von 55,6 Wh und eine Leistung von 80 kW und kompensiert von Verbrauchern verursachte Netzrückwirkungen. Weltweit sind einige SMES im Einsatz, eine breite Anwendung gibt es bislang jedoch nicht. In erster Linie liegt das an den hohen Kosten. Für viele Anwendungen können alternativ auch günstige Kondensatoren verwendet werden.
Am Karlsruher Institut für Technologie KIT forscht man derzeit an einer Kombination des Langzeitspeichermediums Wasserstoff mit dem Kurzzeitspeicher SMES.
Die Energiespeicherung über Wasserstoff mit einer Kombination aus Elektrolyse und Brennstoffzelle oder Gasturbine können kurzzeitig stark fluktuierende Energieflüsse nicht auffangen, hier kann die SMES ihre Stärken ausspielen. Die notwendige Kühlung wird dabei vom flüssigen Wasserstoff übernommen.
Diplom-Physiker Ingo Fleuchaus macht mit seiner PR-Agentur textdirekt seit mehr als zehn Jahren Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Kunden aus der Energiebranche. Die Schwerpunkte bilden Themen aus den Bereichen Energieversorgung, Erneuerbare Energien, Elektromobilität und Forschung.
http://www.textdirekt.de
sehr interessanter Artikel – gibt es da noch mehr Information?
Vielleicht kann der Industrieverband Supraleitung „ivSupra“ weiterhelfen. Homepage: http://www.ivsupra.de