Seit mehr als 100 Jahren läuft das Stauwehr am Kraftwerk Laufenburg wie am Schnürchen. Doch nun ist es Zeit, die Stauwehrbrücke zu sanieren. Vor kurzem begannen Energiedienst-Mitarbeiter mit der dritten Windwerkbrücke, zwei Wehrfelder sind bereits fertiggestellt.

Da ich öfters Besucher durch das Kraftwerk Laufenburg führe, interessiert es mich natürlich ganz besonders, was hier am Kraftwerk derzeit passiert. Einen ganzen Tag lang konnte ich meinen Arbeitskollegen Roland Kistner, Richard Obrist und Patrick Erdin über die Schulter blicken und durfte meine Fragen stellen.

 

Was ist das Besondere an dieser Sanierung?

Da das Kraftwerk Laufenburg ein Industriedenkmal ist, haben auch die zuständigen Denkmalschutzbehörden ein Mitspracherecht. Weil es sich in diesem Fall um ein sogenanntes „Grenzkraftwerk“ handelt, sind dies sowohl die deutschen als auch die Schweizer Behörden. Und das macht die ganze Angelegenheit nicht einfacher – aber schöner. Die äußere Form der Einhausung, die die restaurierten Zahnräder umschließt, musste dem alten „Steuerhüsli“, das ein gebogenes Dach hat, angepasst werden. Deshalb hat die neue Überdachung ebenfalls ein gebogenes Dach.

Zahnräder auf dem Stauwehr des Kraftwerks Laufenburg werden saniert

Die alten Zahnräder haben jetzt ein neues Dach. (Foto: Juri Junkov)

 

Das neue Dach – absolut wetterfest

Aber natürlich sieht das neue Dach nicht nur besser aus. Früher war jedes Zahnrad einzeln umschlossen und bei feuchtem Wetter konnten die Kraftwerks-Mitarbeiter diese Bedachung nicht öffnen, weil sonst das ganze Zahnrad frei lag und der Witterung ausgesetzt war. „In Zukunft können wir die Zahnräder jederzeit warten, egal welches Wetter gerade herrscht“, freut sich Richard Obrist. Er ist Betriebsmechaniker im Kraftwerk Laufenburg und arbeitet an dieser Sanierung auch maßgeblich mit.

Einzeln überdachte Zahnräder auf Stauwehr des Kraftwerks Laufenburg vor der Sanierung

Früher war jedes Zahnrad einzeln überdacht. (Foto: Juri Junkov)

 

Handarbeit noch immer notwendig

„Außerdem müssen wir die Lager später nicht mehr selbst schmieren, das erfolgt dann automatisch über eine sogenannte Zentralschmierung. Somit sind auch schwer zugängliche Stellen kein Problem mehr“, erklärt Richard Obrist. Im Gegensatz zu den Lagern müssen die Mitarbeiter die Zahnräder allerdings auch weiterhin von Hand schmieren.

Mechaniker schmiert Zahnräder des Stauwehrs

Betriebsmechaniker Richard Obrist schmiert die Zahnräder mit Fett. (Foto: Juri Junkov)

 

Diese Sanierung zieht sich über Jahre hin – was ist der Grund dafür?

Bei dieser Maßnahme überholen oder ersetzen die Kraftwerks-Mitarbeiter tatsächlich jedes einzelne Getriebeteil. Und da die ganze Anlage aus tausenden von Teilen besteht, dauert dies eben seine Zeit. „Damit alles möglichst reibungslos funktioniert, haben wir im Vorfeld alle Abläufe genau durchgespielt“, berichtet Roland Kistner, Leiter des Gesamtprojekts aus dem Bereich Engineering bei Energiedienst.

 

Neuer Boden auf alter Brücke

Der alte Boden ist an vielen Stellen morsch und muss nun einem neuen weichen. Damit keine Feuchtigkeit eindringen kann, legen ihn die Kraftwerks-Mitarbeiter mit einer wetterfesten Dachfolie aus und bringen danach einen Gitterrost an. „Damit im Winter keine Rutschgefahr besteht, werden die einzelnen Öffnungen nach unten breiter, sodass der Schnee durchrutscht und nicht auf dem Gitter liegenbleibt“, erklärt Patrick Erdin, Betriebsmechaniker im Kraftwerk Laufenburg.

Mechaniker setzen Gitterrost bei Stauwehr ein

Die Betriebsmechaniker Patrick Erdin und Richard Obrist setzen den Gitterrost ein. (Foto: Juri Junkov)

 

Wie wird der ganze Rost entfernt?

Die Mitarbeiter bauen zusammen mit einem Dienstleister alle Teile aus, die nicht fest mit der Anlage verbunden sind. Manche Zahnräder wiegen bis zu 19 Tonnen, das entspricht ungefähr dem Gewicht von 5 ausgewachsenen Elefanten! Danach behandelt eine Spezialfirma die Einzelteile im Sandstrahlwerk und bringt sie wieder zurück ins Kraftwerk.

Aber auch die Tragekonstruktion der Anlage, die fest mit dem Stauwehr verbunden ist, muss entrostet werden. Auch diese Teile werden sandgestrahlt. Da Anfang des 20. Jahrhundert Umweltschutz noch kein Thema war, enthielten die beim Bau verwendeten Farben Blei und Zink. Damit diese Stoffe heute nicht in die Umwelt gelangen können, muss man die einzelnen Abschnitte vollkommen abschirmen, bevor man mit der Sandstrahlung beginnen kann. Und weil beim Sandstrahlen ein ungeheuer hoher Druck herrscht, besteht diese Einhausung nicht aus einer einfachen Zeltplane, sondern aus Metallplatten, die ein „Durchschießen“ verhindern.

Das Stauwehr des Kraftwerks wird saniert und dafür mit Metall eingehaust

Metallplatten decken die Tragekonstruktion des Stauwehrs komplett ab. (Foto: Roland Kistner)

 

Alles an seinem Platz

Damit auch alle Teile später wieder am richtigen Platz sitzen, nutzt man eine ausgeklügelte Methode: Jedes Einzelteil erhält eine gelaserte Stahlplatte mit einer Buchstaben-Zahlenkombination, die genau definiert, wo dieses Teil hingehört. Um zu verhindern, dass diese Platten sich lösen, werden sie angenietet und verschraubt und sind somit fest mit ihrem Bauteil verbunden.

Alle Teile des Stauwehrs sind beschriftet für die Sanierung des Kraftwerks

RAIVD – das bedeutet: RA = ZahnRAd, IV = Römisch 4 = Unterschütz (die Schützen bestehen jeweils aus einem Unter- und einem Oberschütz), D = Deutsche Seite (Foto: Roland Kistner)

 

Aber auch bei den Zahnrädern, die wieder eingebaut werden, müssen die Mitarbeiter sicher sein, dass jedes Zahnrad genau an der gleichen Stelle auf das andere Zahnrad trifft, wie auch bereits in den vergangenen 100 Jahren. Dazu kennzeichnen sie Zahnpaarungen, die aufeinandertreffen, jeweils mit drei Punkten und genau so werden beide wieder zusammengefügt. Einfach, aber genial.

Damit die Zahnräder möglichst ruhig laufen, messen die Kollegen das sogenannte „Kopfspiel“. Dieses bedeutet, wie tief die Zahnräder ineinandergreifen. Diese Messung findet im Zehntel-Millimeterbereich statt, das entspricht ungefähr dem Durchmesser eines Haars.

Punkte kennzeichnen die Zahnradpaare des Stauwehrs vor und nach der Sanierung

Die drei Punkte zeigen, wo die beiden Zahnradpaarungen seit 100 Jahren aufeinandertreffen. (Foto: Juri Junkov)

 

Und was macht der Sandmann?

Ganz einfach – er sorgt immer dafür, dass genügend Sand bei der Person ankommt, die sandstrahlt. Nahezu acht Wochen sind vier Personen damit beschäftigt, den Rost zu entfernen. Die beiden Sandstrahler tragen dabei spezielle Sicherheitskleidung, die gepanzert und wattiert ist. Wenn ich an die Temperaturen des letzten Sommers denke, mit Sicherheit keine leichte Aufgabe. Innerhalb der Einhausung sehen die Arbeiter nach kürzester Zeit durch den freigesetzten Staub gar nichts mehr. Eine Person saugt dann noch das gesamte Material ab und danach wird alles in Bigpacks abgepackt, Proben gezogen und sicher entsorgt.

Schutt vom Sandstrahlen des Stauwehrs nach dem Sanieren.

Bigpacks mit abgesaugtem Material stehen beim Kraftwerk. (Foto: Roland Kistner)

 

Der letzte Schliff

Nachdem die einzelnen Teile absolut rostfrei sind, streicht eine Spezialfirma alles mit korrosionsbeständigen Farben sage und schreibe fünf Mal! „Und damit keine Stelle vergessen wird, hat jeder Anstrich eine andere Farbe“, erklärt Roland Kistner. Das Ergebnis überzeugt – alles sieht wieder aus wie neu.

Die Wehrbrücke des Stauwerks streichen die Mitarbeiter des Kraftwerks Laufenburg fünf mal

Nach dem fünften Anstrich sieht die Wehrbrücke aus wie neu. (Foto: Juri Junkov)

 

Doch nicht nur die Zahnräder und Ketten werden generalüberholt. Auch die elektrischen Antriebe und Installationen werden erneuert oder vollständig ersetzt.

Neuer Antriebsmotor für das Stauwehr

Patrick Erdin, Betriebsmechaniker im Kraftwerk Laufenburg, richtet den neuen Antriebsmotor aus. (Foto: Juri Junkov)

 

Rund 3,5 Millionen Euro investiert Energiedienst in diese Maßnahme, deren Durchführung voraussichtlich noch fast drei Jahre andauern wird. „Und damit erzeugt das Kraftwerk keine einzige Kilowattstunde Strom mehr als zuvor. Diese Sanierungsarbeiten legen aber den soliden Grundstock, so dass die wichtigen, tragenden Teile wohl die nächsten sechzig Jahre ohne größeren Aufwand betrieben werden können“, ergänzt mein Kollege Roland Kistner.

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