Der Stromverbrauch von Haushalten und Industrie schwankt stark. Damit Stromnetz und Elektrogeräte damit klarkommen, produzieren alle Kraftwerke gemeinsam zu jeder Zeit die passende Menge an Strom. Wie genau das funktioniert, erfährst du in diesem Blog.
Wie alles begann
Zu Zeiten der Elektrifizierung, die in Folge der industriellen Revolution in den 1880er Jahren begann, sah die (Strom-)Welt noch etwas einfacher aus. Es gab wenige Erzeuger und wenige Stromverbraucher. Nicht selten bedienten Kraftwerke lediglich einen industriellen Abnehmer in ihrer direkten Umgebung. Mit Schichtbeginn fuhren also die Generatoren in den Kraftwerken synchron mit den elektrisch betriebenen Maschinen in den Fabrikhallen hoch. Produktion und Verbrauch waren zuverlässig im Einklang miteinander und abends stellten beide ihre Maschinen zeitgleich wieder ab.
Entsprechend dem damaligen Stand der Technik wurde meist mit Gleichstrom gearbeitet. Das bedingte aber, das Kraftwerk und Abnehmer nah beieinander gebaut sein mussten, da ansonsten die Übertragungsverluste zu hoch gewesen wären. Nun konnten man – für heutige Verhältnisse kleine – Kohlekraftwerke wie etwa die Pearl Street Station in London mitten in eine Stadt bauen. Bei der aufkommenden Wasserkraft war das aber nicht so einfach. Gerade an großen Flüssen lag der ideale Bauort für eine solche Anlage meist abseits von Stadt und Industrie.

Rheinfelden am 20.08.1897. Eines der größten Flusskraftwerke der Welt, aber noch keine Stromabnehmer in direkter Umgebung.
Der Grundstein
Es brauchte also eine Technik die es ermöglichte, große Mengen an Strom, möglichst frei von Verlusten über weite Strecken zu transportieren. Die AEG plante damals unter ihrem Gründer und Vorstandsvorsitzenden Emil Rathenau am Rhein beim heutigen Rheinfelden (Baden) eines der größten Flusskraftwerke der Welt zu bauen. Für einen Teil des Stromes setzte man auf die bekannte Gleichstromtechnik. Für die nahegelegene Industrie war das ideal. Für Haushalte und weiter entferntere Abnehmer kam die Innovation des Wechselstrom-Generators ins Spiel.
Bei dieser Technik war es in Verbindung mit Wechselstrom-Transformatoren möglich, große Strommengen auf eine hohe Spannungsebene zu bringen und sie bei sehr geringen Verlusten zu transportieren. Da die AEG ihre Generatoren mit einer Strom-Frequenz von 50 Hertz konstruierte und gleichzeitig den Markt mit Maschinen, Haushaltsgeräten und Glühbirnen flutete die allesamt nur mit 50 Hertz funktionierten, war ein Standard gesetzt, der – zumindest in Europa – nicht mehr zu umgehen war.

Volt, Hertz und Watt. Das sind die wichtigsten Parameter in punkto Strom. Spannung, Frequenz und Leistung werden damit beschrieben. Im Europäischen Verbundnetz sind 50 Hertz seit über 100 Jahren Standard. Foto: Mishaal Zahed
Der Standard
Seither gilt die Stromfrequenz von 50 Hertz bei Elektrogeräten als Standard und im Europäischen Stromnetz als Messgröße für eine verbrauchsgerechte Stromversorgung. Deshalb wird sie auch als Netzfrequenz bezeichnet. Sie beschreibt die Anzahl an Spannungswellen innerhalb einer Sekunde. Bei 50 Hertz bewegt sich der Wechselstrom also in einer Sekunde 100 Mal von Plus nach Minus. Auf dem Oszillographen sieht das Ganze wie eine gleichmäßige Wellenlinie aus. Der Herz-Rhythmus unserer elektrifizierten Zeit.
Die Netzbetreiber überwachen diese Frequenz. Sinkt sie, steht das für mehr Stromverbrauch bei gleichbleibender Produktion. Es muss also mehr Strom produziert werden. Steigt sie, müssen Kraftwerke gedrosselt oder ganz abschaltet werden, damit nicht zu viel Strom das Netz belastet. Die Netzbetreiber haben darüber die Entscheidungshoheit. Eine Abweichung um 0,2 Hertz entspricht um Europäischen Stromnetz einer Leistung von ungefähr 3 Gigawatt. Etwa die Menge die zwei große Atom- oder Kohlekraftblöcke produzieren.

Sieben Tage auf einen Blick. Die aktuelle Einspeisung und der aktuelle Verbrauch im Gebiet der ED-Netze lassen sich auf der Website https://www.ednetze.de/unternehmen/ueber-uns/energiebilanz-im-netzgebiet/ bestaunen.
Die Waage halten
Produktion und Stromverbrauch zu synchronisieren wird eine immer anspruchsvollere Aufgabe für die Netzbetreiber. Die Verbrauchsseite ist dabei noch vergleichsweise leicht zu handhaben. Für den Verbrauch seitens Industrie und Haushalten kann man – gestützt durch reichlich Datenmaterial – sehr genaue Vorhersagen treffen und entsprechend Produktionskapazitäten planen. Ähnlich dem Prinzip einer Wettervorhersage werden eine Tagesplanung erstellt und Strommengen eingeplant.
Die Produktionskapazitäten hingegen bestehen aus einer stetig wachsenden Anzahl von eher kleineren Erzeugungsanlagen. Meist angetrieben von Sonne, Wasser oder Wind und damit naturgemäß nur bedingt verlässlich. Und somit wird das Orchestrieren dieser Anlagen immer komplexer und verlangt mehr und mehr nach intelligenten Stromnetzen, die an möglichst vielen Messpunkten Daten sammeln und auswerten um damit einer immer volatiler werdenden Stromerzeugung zu begegnen.

Als Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Event-Management arbeitet Simon Kuner in der Besucherinformation von Energiedienst: „Wir müssen Nachhaltigkeit und die Verantwortung für unseren Planeten täglich praktizieren. Nur so inspirieren wir andere, es auch zu tun. Als Referent in einem Wasserkraftwerk bin ich dafür genau an der richtigen Stelle!“