Ein Auto, das von Wasserstoff (H2) angetrieben wird, unterscheidet sich äußerlich auf den ersten Blick nicht wesentlich von anderen Autos und E-Autos. Dabei hat es klare Vorteile: Strom wird nicht nachgeladen, sondern von einer Brennstoffzelle erzeugt. Sie wandelt Wasserstoff in elektrische Energie um. Langes Aufladen an Ladesäulen entfällt.
Einfach innerhalb weniger Momente Wasserstoff nachtanken, und weiter geht die Reise. Warum fahren also nicht schon viel mehr Autos mit Wasserstoff-Technik auf unseren Straßen? Welche Modelle sind überhaupt schon auf dem Automarkt erhältlich? Wie kann dem Wasserstoff-Antrieb zum Durchbruch verholfen werden?
Nur ungefähr jedes hundertste neu zugelassene Auto in Deutschland hat derzeit einen Elektromotor, der von einem Akku angetrieben wird. Wasserstoff-Fahrzeuge sind noch viel seltener. Das erste Wasserstoffauto bin ich 2010 auf der E-Auto-Rallye Silvretta als Pilotin gefahren. Das ist eine sozusagen „saubere“ Rallye durch das Montafon, bei der es nicht primär um Geschwindigkeit geht. Auch sparsames Fahren ist angesagt, und das ausschließlich mit E-Autos. Als Rookies (Neulinge) haben wir im Team sogar den neunten Platz (von 28) belegt und eine Wertungsprüfung mit Platz 1 gewonnen. Wir sind (umständehalber) mit einer Wasserstoff-Tankfüllung ausgekommen. Dazu später mehr.
Es gab zu dieser Zeit für ganz Europa exakt zwei Fahrzeuge des Honda FCX Clarity zum Probefahren für Journalisten, Auftritt auf Veranstaltungen und als öffentlich gefahrenes Entwicklungsfahrzeug.
Käufer – Infrastruktur – Hersteller
Ein „Henne-Ei-Stall-Problem“ So reizvoll sie sind: Wasserstoff-Fahrzeuge sind noch recht teuer. Da die Hersteller keine großen Stückzahlen verkaufen, ist es schwierig, entsprechend ausreichend H2-Autos an den Mann zu bringen. Das teure Edelmetall Platin wird für die Brennstoffzelle benötigt und lässt den Autopreis in die Höhe schnellen. Da hilft es auch nicht, dass man – im Vergleich zum Batterie-Elektro-Auto – weniger Batteriespeicher benötigt. Der Käufer hält sich also zurück, der Hersteller sieht somit keinen Markt und zeigt ebenso Zurückhaltung.
Der nächste Punkt ist die Infrastruktur. Welcher potenzielle Käufer möchte eine unzumutbar lange Strecke bis zur nächsten öffentlichen Wasserstoff-Tankstelle fahren? Die Zahl der Tankstellen ist einfach zu gering. Aktuell (Stand heute, Anfang 2018) gibt es noch Gegenden in Deutschland, in denen die nächste Wasserstofftankstelle sehr weit weg ist. In anderen Regionen sieht es schon besser aus. Die Wasserstoff-Tankstellenkarte gibt Auskunft.
Wer sein Fahrzeug vorwiegend in einer Region nutzen möchte, die gut mit Wasserstofftankstellen versorgt ist, ist auf der Gewinnerseite. Denn H2-Fahrzeuge lassen sich im Alltag innerhalb weniger Minuten auftanken, ein klarer Vorteil im Vergleich zu akkubetriebenen E-Autos.
Wegen der bisherigen Seltenheit von Wasserstoff-Zapfsäulen konnten wir auf der „E-Auto Silvretta“ nicht nachtanken. Es befand sich keine Wasserstoff-Tankstelle in unmittelbarer beziehungsweise vernünftig erreichbarer Nähe. Eine Tankfüllung musste bis zum Ziel ausreichen. Entsprechend sparsam sind wir gefahren.
Hilft die Wasserstoffstrategie des Bundesministers in Deutschland?
Es ist also ein klarer Fall: Wasserstoff-Tankstellen müssen her, idealerweise mit Wasserstoff, der regenerativ erzeugt wird. Das BMWI (Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur) stellt 161 Millionen Euro im Zeitraum 2016 – 2018 bereit. Es sollen bis 2023 – parallel zum erhofften Anstieg der Wasserstoffauto-Produktion – bis zu 400 Wasserstofftankstellen verfügbar sein. Zum Vergleich: Konventionelle Tankstellen gibt es 14.500 in Deutschland.
Wir stehen mit der Elektromobilität und dem automatisierten und vernetzten Fahren vor der größten Mobilitätsrevolution seit der Erfindung des Automobils. Die Brennstoffzelle ist eine Schlüsseltechnologie dieser Entwicklung. Wir haben deshalb eine Wasserstoffstrategie gestartet – mit drei Säulen: Wir investieren mehr als je zuvor, bauen mit der Industrie eine flächendeckende Ladeinfrastruktur und fördern gezielt Innovationen. Damit gestaltet Deutschland an der Spitze die Antriebswende zur Elektromobilität.
Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Alexander Dobrindt im April 2016 (Quelle)
Zur Strategie gehört eine Wasserstoffallianz. Wer macht da mit? Air Liquide, Alstom, Anglo American, BMW, Daimler, Engie, Honda, Hyundai, Kawasaki, Shell, Linde, Total und Toyota. Weiterhin haben sechs Unternehmen (Air Liquide, Daimler, Linde, OMV, Shell und TOTAL) 2015 die übergeordnete Betreibergesellschaft H2 MOBILITY Deutschland GmbH & Co. KG gegründet. Deren Aufgabe ist der schnelle, effiziente und flächendeckende Aufbau einer Infrastruktur für Wasserstoffautos. Hier landen auch Fördermittel des BMVI.
Wasserstoff für bis zu 1000 Fahrzeuge entsteht bald in Wyhlen
Auch das Land Baden-Württemberg und Energiedienst setzen auf Wasserstoff. Energiedienst baut auf dem Gelände des Wasserkraftwerks Wyhlen eine Erzeugungsanlage für Wasserstoff, die einen wichtigen Beitrag leisten kann: Die sogenannte Power-to-Gas-Anlage stellt mittels Elektrolyse Wasserstoff aus Wasser her. Dabei kommt klimaneutrale Wasserkraft zum Einsatz.
Die Anlage wird eine Leistung von 1 Megawatt haben. Damit können rund 1.000 Brennstoffzellen-Fahrzeuge klimaneutral betrieben werden. Dabei handelt es sich um ein Leuchtturmprojekt, das dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung (ZSW) als Forschungsprojekt dient und von Baden-Württemberg gefördert wird.
Welches Wasserstoffauto kann man heute schon kaufen?
Viel Auswahl hat der Kunde auf dem Wasserstoff-Automarkt noch nicht. Etliche Wasserstoffautos, die wir in den Medien sehen können, sind Concept Cars, Prototypen der Zukunft oder nur in anderen Teilen der Welt erhältlich. Zwei Fahrzeuge sind laut der Hersteller verfügbar:
HYUNDAI ix35 FUEL CELL
Ab 65.450 Euro
Kraftstoffverbrauch in kg H2/100 km kombiniert: 0,95 kg
H2 CO2-Emissionen kombiniert: 0g/km
Reichweite: circa 594 km
Quelle: Hersteller
TOYOTA Mirai
Ab 78.600 Euro
Verbrauch H2/100 km kombiniert: 0.76 kg
CO2-Emission, kombiniert: 0 g/km
Reichweite: circa 500 km
Quelle: Hersteller
Was machen die anderen Hersteller? Mir bekannt sind folgende Autos oder Konzepte, die weltweit nicht in Serie oder nur in Kleinserien (10 Stück) gefertigt wurden: Opel HydroGen4, VW Tiguan HyMotion, Audi Q5 HFC und ein paar Exoten wie Pininfarina H2 Speed (Rennwagen ohne Straßenzulassung).
Wer steht in den Startlöchern der Wasserstoff-Challenge?
Zurzeit gibt es kein einziges weiteres Wasserstoff-Fahrzeug, das bald käuflich erhältlich sein soll. Doch man tastet sich mit der Marke „EQ Power“ aus dem Hause Mercedes-Benz vor. Gezeigt wird als Vorserien-Modell, ein Wasserstoff-Hybrid-Fahrzeug, namens GLC F-Cell (147kW /200PS). Nein, kein Verbrenner-Motor spielt dort mit, sondern das Modell kann auch mit Strom aus der Batterie fahren – neben dem Wasserstoff-Tankinhalt. So soll die Reichweite circa 437 Kilometer plus 49 Kilometer aus dem Batteriespeicher, also 486 Kilometer betragen.
Ich finde es gut, wenn Hersteller elektrische Technologien sinnvoll kombinieren. Hier hätte ich mir eine höhere batterieelektrische Reichweite gewünscht, doch durch zusätzliche Akkus werden die Fahrzeuge zu schwer.
Damit erschöpfen sich die Ankündigungen derzeit. Selbstverständlich werden viele oder alle der Hersteller von den Allianz-Partnern daran arbeiten, ein Wasserstoffauto auf den Markt zu bringen. Daimler spricht vom Jahre 2022 und zehn Modellen. Darunter befindet sich der GLC F-Cell (nicht zum Kauf, eher als Leasing / zur Miete) vermutlich in 2018. Wann der H2-Hybrid wirklich kommt, ist noch nicht klar.
Mein persönliches Fazit zum Wasserstoffauto
Schon heute eignen sich Wasserstoff-Fahrzeuge in vielen Einsatzgebieten: Sie bieten große Vorteile, indem sie E-Mobility und schnelles Nachtanken kombinieren. Weitere Anstrengungen sind erforderlich, bis diese Technologie sich im Massenmarkt durchsetzen kann. Der Nachteil, dass man seltene Rohstoffe zur Herstellung von Wasserstoffautos benötigt, führt zu hohen Preisen. Es ist derzeit schwierig, in den Massenmarkt vorzupreschen. Für Flotten, Busse und Lkw kann ich mir die Brennstoffzellentechnologie und das Fahren mit Wasserstoff sehr gut vorstellen.
Nachhaltige Mobilität kann nur dann gelingen, wenn auch die Primärenergie zur Fortbewegung regenerativ erzeugt wird, etwa durch Wasserkraft wie bei der geplanten Anlage in Wyhlen.
Ob ich mir ein Wasserstoffauto kaufen würde? Theoretisch ja, denn ich finde es eine feine Sache, dass man genau so bequem an die Tankstelle fahren kann, um nachzutanken wie bei einem herkömmlichen Verbrenner. In der Praxis bin ich weit davon entfernt, denn selbst die avisierte Zahl der Tankstellen in 2023 – also in fünf Jahren – würde mir nicht als ausreichend erscheinen. Aber das ist noch eine lange Zeit bis dahin. Schauen wir mal, wie es weiter geht.
Titelfoto: Hyundai, weitere Fotos: Nicole Y. Jodeleit sowie jeweiliger Hersteller bei den verfügbaren Modellen

Nicole Y. Jodeleit ist Gastautorin im Energiedienst-Blog. Sie ist Freiberuflerin (Beratung und Kommunikation) sowie Bloggerin auf https://Auto-Diva.de, sie fährt am liebsten E-Auto und interessiert sich für technische Innovationen und Zukunftstechnologien.
Ihre Begeisterung /Erwartung kann man nur teilen, wenn man die Herstellungskette für H2 nicht kennt /berücksichtigt – der Aufwand bis der Wasserstoff endlich im 700bar (Autoreifen: 2-3bar!!!) Drucktank angelangt ist.
Abgesehen, dass H2 heute zu >95% aus fossilen Quellen stammt, ist auch eine Erzeugung aus EE nicht nur deutlich teuerer, sondern energetisch so aufwendig, dass das H2-BSZ-E-Auto letztlich mehr als den dreifachen Energiebedarf eines reinen E-Autos hat.
Energieverschwendung kann man aber nicht mit EE rechtfertigen! Dabei setzen vor allem physikalische Gesetze die Grenzen und diese lassen sich auch durch bessere Technik nicht aushebeln!
8-9Liter Wasser und ca. 50kWh el. Energie braucht es bei (EE-)Elektrolyse für ein Kilogramm Wasserstoff, der dann kaum für 100km reicht. Dazu noch Verflüssigung (<-253°C) für Transport und Lagerung und die Kompressionsverluste.
Heute kostet 1kg H2 (ohne Energie- /Mineralölsteuer) 9,50€. Wo die versprochenen Preissenkungen bei einer mehrfach teureren EE-Produktion herkommen sollen, kann ich nicht erkennen.
Unschwer herauszulesen: Für mich sind H2-BSZ-Kfz allenfalls in Nischen interessant.
Als EE Verschwendung bezeichne ich die ganzen GWh an potenziell erzeugbarer elektrischer Energie, die gar nicht erst in die Netze eingespeist werden weil die Energie nicht transportiert und damit nicht verteilt werden kann. Würde man diese für die Elektrolyse zur Herstellung von „grünem“ H2 einsetzen, spielt der Wirkungsgrad im Herstellungsprozess nur eine untergeordnete Rolle.
Die konventionelle H2-Erzeugung, zB aus Erdgas, muss aufgrund der Klimaziele sowieso heruntergefahren werden, sprich der grüne Wasserstoff muss kommen.
Es geht auch nicht allein um H2-BSZ-Fz, auch die Industrie braucht sauberen Wasserstoff als Energieträger für die Industrie. Die Nachfrage steigt massiv, die Produktionsverfahren werden besser und das Verteilnetz wächst. Sobald die H2-Erzeugung auch im Kleinen massentauglich wird, und das wird kommen, wird auch die Akzeptanz schlagartig da sein.
H2-BSZ können nicht nur im Auto zum Standard werden, sondern auch zuhause. Und ein Fahrzeug mit H2-BSZ wird dann auch für Otto Normalverbraucher erschwinglich.